DIE WILDE JAGD

Eine Schar böser Geister jagte früher, angeführt vom Teufel, besonders in den Rauhnächten, in verschiedenen Gestalten durch die Wälder. Rehe, Hirsche, Wildschweine, Geißböcke und andere Tiere mußten mit.
Wenn einer bei Nacht durch einen solchen Wald mußte und er hörte die wilde Jagd nahen, so warf er sich flach auf den Boden, dann ging die ganze Schar über ihn hinweg.

Vom Hausberg bei Kemating brauste in den Winternächten zuweilen die wilde Jagd herab und zog über Felder und Wälder durch die Finsternis dahin. Da jauchzte und heulte es in den Lüften, als ob die Hölle los wäre.

Sehr früh schon witterten die Hunde der gesamten Gemeinde die nahenden Unholde und fingen an zu winseln. Hierauf huschten sie bei der Tür hinaus und mischten sich stets unter die jagdtliebende Gesellschaft. Nun wurde das Getöse noch unheimlicher, es rauschte und tobte über Seewalchen hinweg gegen Rutzenmoos, wo es sich in den Wäldern verlor. Man konnte noch lang das Geheul der jagenden Meute hören.

Als einmal die wilde Jagd von Kemating gegen Rutzenmoos dahinbrauste, war der Moser im Knäul - ein Häusler - spät abends noch im Freien. Heulend zog die ganze Meute an ihm vorbei. Plötzlich stand vor ihm ein prächtig gezäumter Rappe und ließ ihn nicht weiter. Moser ergriff die Zügel und schwang sich mit den Worten "Es geht dahin in Gottes Namen!"' in den Sattel. Noch im selben Augenblick aber lag er auf einem Maulwurfshügel und das Roß war verschwunden.


Quelle: Adolf Bocksleiter, Ein Heimatbuch, Seewalchen 1929, Seite 67