A so a Hund...

Wie auch in anderen Gegenden ging auch in unserer früher in den Raunächten die “Wilde Jagd” um und verschonte weder Mensch noch Tier. Immer verfolgt sie bestimmte, seit Urzeiten festgelegte Wege. Solche Wege sind auch heute noch in Enzenkirchen zu finden, jedenfalls wenn man den rechten Riecher dazu hat, bzw. das Schicksal einen dazu verdammt hat auf die Wilde Jagd zu treffen. Sämtliche schwarzen Tiere müssen ihr dann folgen, oder werden vor ihr hergetrieben. So erging es auch dem Hund eines alten Enzenkirchner Tischlers, jedenfalls ist es so überliefert. Pechschwarz von Schwanz bis Schnauze soll er gewesen sein, immer mit einem höllischen Funkeln in den Augen. Jahrelang bemerkte der alte Tischler nichts von den nächtlichen Umtrieben, denn jeder mied den Hund so gut es ging, weswegen er Tag und Nacht im Freien war. Eines frühen Morgens aber, nachdem die ganze Nacht hindurch ein schrecklicher Sturm getobt hatte, erblickte der Tischler den Hund, als er aus der Ferne vom nahen Schwarzwald daherhetzte. Vollkommen am Ende seiner Kräfte legte er sich auf den Holzstoß vor dem Haus und rührte sich vor Erschöpfung den ganzen Tag nicht. Das erste Mal hielt der Tischler dass nicht unbedingt für besorgniserregend, als es aber öfters geschah machte er sich seine Gedanken. Jede Nacht beobachtete er den Hund, bis er selbst sich zu Bett begab. Aber nichts besonderes war festzustellen – und der Tischler wollte seine Beobachtung schon aufgeben, als er eines Abends, schon nach Einbruch der Dunkelheit, seinen Hund laut aufbellen hörte und im nächsten Moment wie der Blitz den Feldweg Richtung Wald davon sprinten sah. Dem Hund zu folgen war dem doch bereits in die Jahre gekommen alten Tischlerihm nicht möglich. Gespannt passte er jedoch am nächsten Morgen auf die Rückkehr. Das selbe beängstigende Bild. Der Hund kam vollkommen erschöpft und am Ende seiner Kräfte zu seinen Holzstoß und schlief den ganzen Tag. Wie soll er dem Hund bloß helfen, überlegte der Tischler, also beriet er sich mit dem Pfarrer. Dieser empfahl ihm, das nächste Mal ein weißes Kreuz über den Rücken des Hundes zu malen. Zwei Jahre lang tat er das und der Hund verschwand nie mehr. Nein, er wurde zu einem zahmen braven Tier, das jeder gerne mochte. Der Spuk hatte also ein Ende gefunden. Erst nach dem Tod des alten Tischlers, kümmerten sich dessen Nachkommen nicht mehr um diesen alten Aberglauben und beließen das weiße Kreuz. Eines nachts war der Hund dann vor einem nahenden Sturm davon gehetzt und ward nie mehr gesehen.

Quelle: Kreuzer, in: OÖ Heimatgaue 3 (1922), S. 37.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.