Äpföbam...

In Enzenkirchen pflanzte in seiner Jugend ein Enzenkirchner Bursche einen Apfelbaum und über die Monate und Jahre hinweg hegte und pflegte er ihn sehr sorgfältig. Er kümmerte sich um den Baum, und dieser dankte ihm dafür mit seinen Äpfeln. Die Jahre gingen ins Land und mit dem Mann wuchs auch der Baum heran. Dies ging das ganze Leben des Mannes so dahin. Als der Mann im Alter an Krebs erkrankte befiel auch den Baum eine Krankheit – er trug bei weitem nicht mehr so viele Früchte wie früher und auch seine Äste und Zweige verkrümmten sich. Nach zwei Jahren trug der Baum nicht einmal mehr Blüten und der Schwiegersohn des Mannes, spielte schon mit dem Gedanken ihn zu fällen. Er kam aber nicht dazu, weil es gleichzeitig seinem Schwiegervater immer schlechter ging und er sich, gemeinsam mit der anderen Verwandtschaft um diesen kümmern musste. Daher war es für die Menschen des Hauses unerwartet, als sie eines Herbstes feststellen mussten, dass der alte Baum plötzlich wieder Blüten trug, wenn auch in einer ungewöhnlichen Jahreszeit. Der Mann, der den Baum gepflanzt hatte, konnte sich noch einmal an seinen Blüten erfreuen, bevor er durch schmerzstillendes Morphium endgültig ins Delirium fiel. Im Frühling darauf verstarb der Mann und mit ihm auch der Baum, der keine Blüten mehr trug. Im Herbst vorher, so sind sich die Leute einig, trug er Blüten, um dem Mann noch einmal eine Freude zu bereiten und dessen Tod anzukündigen.

Quelle: Anton Pöcherstorfer o. J.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.