Freidhofdobl...

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts schien für viele Menschen in Mitteleuropa, also auch in unserer Gegend, der Weltuntergang begonnen zu haben, wütete doch von 1618 bis 1648 zwischen den beiden Konfessionen der Katholiken und Protestanten, der sogenannte Dreißigjährige Krieg. War schon der Krieg und die damit verbundenen herumziehenden, mordenden und plündernden Söldnerheere mehr als eine Plage; gesellte sich zu diesen auch noch der „schwarze Tod“ die Pest und forderte seinen Tribut. Wurde zwar unsere Heimat von den Söldnerheeren verschont, weil uns die beiden Flüsse Inn und Donau vor ihnen bewahrten; den Gevatter Tod und seinen Begleiter die Pest konnten aber auch diese Flüsse nicht abhalten. Ein großes Sterben begann und forderte viele Todesopfer; so auch bei uns in Enzenkirchen. Ganze Landstriche sollen verödet gewesen sein und bald gab es mehr Tote als Lebende. In unserer Gemeinde starben derartig viele Menschen, dass die Lebenden kaum mehr mit den Begräbnissen zusammen kamen. Man konnte die Gräber gar nicht so schnell ausheben, als Tote anfielen. So entschieden sich die Menschen unserer Gemeinde, die damals noch zu Raab gehörte, ein Massengrab für die Pesttoten auszuheben, als Ort dafür erwählte man einen Hügel zwischen Mühlwitraun und Heitzing. Tagtäglich fuhren Karren mit Leichen dorthin und wurden dort verscharrt. Man schuf dort also einen eigenen Pestfriedhof, der auch nach dem Ende der Seuche und des schrecklichen Krieges von der Bevölkerung als „Freidhofdobl“ bezeichnet wurde. Der Friedhof wurde mit einem Lattenzaun eingezäunt und es wurde in der Gemeinde sogar eine Pestsäule, als Gedenken an die Pest errichtet. Von Beiden ist heute nichts mehr zu sehen, den Ort des „Freidhofdobl“ kennt heute in der Gemeinde kaum mehr jemand, da auch nichts mehr auf ihn hindeutet – und auch die Pestsäule wurde ein Opfer der Zeit. Nur in bestimmten und sehr düsteren stürmischen Nächten soll man über den Wiesen, die heute den „Freidhofdobl“ bedecken, unheimliche Stimmen hören und eigenartige Lichter umherschwirren sehen.

Quelle: Lamprecht Johann, Chronik Raab 1877.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.