Gädan geh af...

Von allen Ortschaften Enzenkirchens ranken sich die meisten Geschichten wohl um Mühlwitraun, wahrscheinlich aus dem Grund, weil diese Gegend in unserer Gemeinde schon am längsten von Menschen besiedelt ist – geht doch der Name Witraun angeblich auf keltischen Ursprung zurück. So ist es auch nicht verwunderlich, dass in dieser Gegend auch ziemlich viele Spukgeschichten erzählt werden; wobei die dominanteste Gestalt dabei aber wohl die „Rotschaubat Lies“ ist. Das aber dort auch noch ein anderes Wesen herumspukte will ich jetzt erzählen:

Unweit der Stelle wo sich auch die „Rädschabat“ herumtrieb, befand sich einst auch eine Art Zaun, ein „Gädan“, welches sich in etwa auf der Grenze zwischen Sigharting und Enzenkirchen befand. Das besondere an diesem „Gädan“ war, dass auf diesem oft ein kleines, unsichtbares Männchen saß. Man musste diesem nur zurufen: „Gädan geh af!“ und das Gädan wurde von dem Männchen aufgemacht. Als Dank für die Hilfsbereitschaft gab man dem unsichtbaren Männchen ein paar Beeren, Kirschen oder andere Essensreste – und es ließ einen in Ruhe. Vergaß man aber diese Gaben, oder war zu geizig dazu, dann konnte das Männchen richtig böse werden. Es schlug das Gädan zu, als der Betreffende passieren wollte und trieb mit demjenigen mancherlei Schabernack, wie zum Beispiel dass es ihn mit Tannenzapfen bewarf, oder ihn über Wurzeln stieß. Derjenige überlegte es sich das nächste Mal ganz bestimmt, ob er wieder so geizig ist. Heute ist das Männchen schon lange Zeit nicht mehr gesehen. Seit dem das Gädan weggeräumt und die alten Wege durch moderne Straßen ersetzt worden sind, ist das Männchen verschwunden.

Quelle: Samhaber Maria o. J.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.