S´Gankerl af da Freidhofmauer...

Neben Mutigen, gab es in der Vergangenheit unserer Gemeinde immer auch wieder Menschen die weniger Mut besaßen, was aber kein Vorwurf sein soll, so sind die Menschen nun Mal; aber von diesen Leuten gibt es dann doch hin und wieder welche, die sich besonders hervortun. Einen solchen Mann gab es einst auch in Enzenkirchen, und mit der Zeit wurde es zu einem regelrechten Volkssport, dass man ihm allerlei Streiche spielte. Er war gerade deswegen ein bevorzugtes Opfer, weil er sich immer als mutig postulierte, obwohl er es gar nicht wahr. So auch an jenem Abend. Eine zeitlang hielten es die Anwesenden in der Wirtsstuben ja aus, aber irgendwann platzte einem Knecht der Geduldsfaden. Anstatt es dem „Angeber“ aber direkt ins Gesicht zu sagen, trank er lieber sein Bier aus, bezahlte und verließ das Wirtshaus.

Draußen traf er auf einen alten Freund, der sich darüber wunderte, dass der Betreffende schon so bald am Abend das Gasthaus verlassen wollte, obwohl er doch sonst so ein geselliger Kerl war. Beide kamen ins Gespräch und dabei heckten sie einen gemeinen Plan aus, um es dem Aufschneider endlich heimzuzahlen. Der gerade angekommene Knecht, der normalerweise dafür bekannt war ein geselliger und lustiger Kerl zu sein, der nie um einen Spruch verlegen war, öffnete langsam die Türe ins Gasthaus, bestellte sich ein Bier und sagte kein Wort. Jetzt wurden natürlich die Anderen aufmerksam, da das ja nicht seine Art war, und fragten ihn was denn passiert sei. Der Mann sagte kein Wort, sondern starrte nur stumm, ohne seinen Kopf zu heben, in seinen Bierkrug. Erst nach mehrmaliger Aufforderung begann er leise und stammelnd zu reden und auch der Aufschneider horchte interessiert zu. Er erzählte, dass er gerade am Friedhof vorbeigekommen sei und dort, ob sie es ihm nun glauben oder nicht, er ein kleines „Gankerl“ auf der Mauer herumtanzen hat sehen, das bedrohliche Worte in einer fremden Zunge von sich gab und ihn mit feuerroten Augen angesehen hat. Er müsse sich deswegen jetzt betrinken, denn im nüchternen Zustand würde er sich heute nicht mehr in diese Teufelsnacht hinaus trauen, schon gar nicht, da er ja beim Nachhauseweg wieder am Friedhof vorbeimüsse. Der Angeber lauschte neugierig und bereits sichtlich nervös der Geschichte, vor allem weil er wusste, dass er heute ebenfalls noch am Friedhof vorbei müsse. Er trank schnell sein Bier aus, bezahlte ebenfalls und schritt in die Nacht. Kaum war er draußen, klärte der Knecht die anderen auf, dass er nur ein „G´schichtl“ erzählt habe, um dem Angeber eines auszuwischen und dass der andere Knecht ihn bereits an bestimmter Position erwarte. Der „Feigling“ nahm währenddessen, wie sie vermutet hatten, nicht den Weg am Friedhof vorbei, sondern ging den Weg über den „Hitling“, der für ihn einen ziemlichen Umweg darstellte. Ein paar Burschen wollten nun schauen, wie mutig er wirklich war – sie eilten am Friedhof vorbei, wo kein schwarzes „Gankerl“ auf der Mauer tanzte, hinauf in den „Hitling“, trafen dort den ersten Knecht an, und warteten gemeinsam auf den „Mutigen“. Da gerade Sommer war, standen auf der Wiese unterhalb Ungernbergs „Strohmandl“, wo sie sich zwei versteckten, während ein weiterer im nahen Wald in Deckung ging. Als nun der Aufschneider ankam, dessen Position man die ganze Zeit am lauten Pfeifen feststellen konnte, raschelte der erste im Gebüsch des Waldes und sprang aus diesem hervor. Nun war der Feigling nicht mehr zu halten, er rannte was das Zeug konnte los, während ihm der erste folgte. Der Angeber lief die Wiese mit den Heumandln entlang, als würde ihn der Teufel jagen. Dort stürzten die zwei dort versteckten hervor und erschreckten ihn ebenfalls. Sie konnten ihn gar nicht so schnell verfolgen, wie der Feigling rannte, und das wollten sie auch nicht. Sie wollten ihm nur eine Lektion erteilen – was sie auch erreicht hatten, denn seit dieser Nacht hielt sich sein großes Mundwerk zurück, denn die Angst in jener Nacht fuhr ihm angeblich nicht nur ins Gebein, sondern auch in seine „Lederne“.

Quelle: Pöcherstorfer Anton o. J.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.