A Büdl vom „Jedermann“...

Wer kennt in unserer Gemeinde nicht den Steinbruch zum „Roten Kreuz“? Das sich um diesen aber auch manche unheimlich Dinge ranken, dass ist sicherlich schon wenigern bekannt. Er hat in der Tat etwas gespenstisches, wenn man ihn gegen Abend, oder besser noch in der Nacht, alleine besucht – wahrscheinlich liegt es aber daran, dass viele Menschen die Stille nicht mehr ertragen. Seine Faszination treibt die Menschen so weit, dass sich unzählige Geschichten darum ranken: Eine erzählt davon, dass einst ein Mann ums Leben kam, als er einen „Köpfler“ in das Wasser des Steinbruchs machte, dabei auf einem Stein aufschlug, und in der Folge sein Kopf mit dem Stein verwuchs. Erst nach Jahren wurde er von Tauchern entdeckt. Andere Gerüchte besagen, dass man bis heute nicht die genaue Anzahl der Menschen weiß, die im Wasser zu Tode kamen – der Schlamm am Boden des Wassers sei über zwei Meter dick, und darunter sollen sich noch Geheimnisse verbergen, die die Vorstellung vieler Menschen sprengen. Gerüchten zu Folge, sollen deutsche Wehrmachtssoldaten beim Anrücken der Alliierten in seinem Wasser ihre Waffen versenkt haben; andere erzählen von einem alten, verzweifelten Mann, der sich einst, nach der Tiefe des Wassers sehnend, in diesen gestürzt haben soll. Die faszinierendste Geschichte ist aber jene des Mädchens, das einst ein mehr als interessantes Foto von dem Steinbruch gemacht haben soll. Wer das Mädchen ist, das weiß man heute nicht mehr, beziehungsweise, die die es kennen, verschweigen es. Jedenfalls war das Mädchen eine begeisterte Fotografin, vor allem seit dem ihr Vater tödlich verunglückt war – wobei sich hier wieder die Geister scheiden; behaupten die Einen, dass ihr Vater bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, gehen die Anderen davon aus, dass er im „Roten Kreuz“ ertrank – diese Mädchen soll nun eines schönen warmen Sommerabends zum Steinbruch im „Roten Kreuz“ gewandert sein, um ihn in der Dämmerung zu fotografieren. Das tat sie auch, und daran war auch noch nichts Außergewöhnliches – erst als sie das Foto entwickelt zurückbekam erfuhr sie, was sie tatsächlich fotografiert hatte. Auf dem Foto war nicht nur der Steinbruch und sein Wasser zu sehen, sondern auch die schemenhaften Gestalten der dort verunglückten Menschen – unter ihnen, jedenfalls bei der zweiten Version, ihr verstorbener Vater, der ihr die Hand entgegenstreckte, in der er irgendetwas festhielt, was, das konnte man auf dem Foto nicht erkennen.

Wie dem auch sei, dass Mädchen, mittlerweile müsste sie schon erwachsen sein, war von diesem Tag an noch ruhiger als zuvor – und angeblich soll es heute noch oft in der Abenddämmerung im „Roten Kreuz“ anzutreffen sein – wobei sie jedes Mal ein Foto macht, in der Hoffnung, dass sie endlich erfahren wird, was ihr verstorbener Vater ihr mitteilen will. Wer weiß, vielleicht erfährt sie es ja eines Tages!?

Quelle: Gerald Allmannsberger 2004.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.