Oans Uhr in da Nåcht...

Es ist ja ein weithin verbreiteter Aberglaube, dass Menschen, die zu früh aus dem Leben gerissen wurden, jene Zeit, die ihnen noch geblieben wäre, als Gespenster umgehen müssen. Einer dieser Menschen soll ein Mann aus Jagern sein. Nach einer mündlichen Überlieferung soll er in seinem ehemaligen Haus in Jagern umgehen. Jede Nacht zur zwölften Stunde, soll der Spuk los gehen und eine ganze Stunde andauern. Erst so gegen ein Uhr soll in einem Schlafzimmer im ersten Stock die Türe aufgehen und die Gestalt des alten Hausbesitzers hereinkommen. Auch sonst sollen sich in diesem Haus schon des öfteren eigenartige Dinge zugetragen haben, vor allem sollen sich schon viele angehende Tote dort angekündigt haben. Ob diese Geschichte nun der Wahrheit entspricht kann und will ich gar nicht beurteilen, nachdenklich sollte sie einem aber schon stimmen. Es wird nämlich sicherlich nicht das einzige Haus in Enzenkirchen sein, wo sich derartige Dinge zugetragen haben, oder noch immer zutragen. Meinen wissenschaftlichen Geist quält bei solchen Erzählungen immer eine Frage: Wenn die Geister um Mitternacht kommen, richten sie sich da nach der Sommer- oder Winterzeit? Und vor allem, wenn sie sich nach der Uhr richten, dann kann es wohl mit der proklamierten zeitlosen Ewigkeit nicht weit her sein. Da hetzt der Mensch durch sein ganzes Leben, und hat er dann endlich seinen „ewigen Frieden“ gefunden, dann kann er nicht mal einen faulen Lenz machen, sondern muss erst wieder um zwölf, oder ein Uhr in der Nacht herumspuken. Ist das denn noch Gerechtigkeit?

Quelle: Johann Nöbauer o. J.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.