Tischalrucka...

Wer kennt es nicht, das „Tischalrucka“, indem sich eine Gruppe von Menschen an einem unheimlichen Ort trifft, um gemeinsam die Toten zu beschwören. Vor allem unter den Jugendlichen ist dies sehr beliebt, kann man doch dabei seinen Mut unter beweis stellen. Eigentlich braucht man dazu nicht viele Gegenstände – einen speziell dazu angefertigten kleinen Tisch, in dessen Holz kein Ast sein darf und der ohne Metall gezimmert sein muss, mit einem Stift in seiner Mitte, und ein Blatt Papier, auf dem die Geister ihre Botschaften schreiben können. Die Seance sieht folgendermaßen aus, dass sich eine Gruppe von Menschen gemeinsam in einen Kreis sitzt, jeder seine beiden Hände auf das Tischchen legt und jeweils mit den beiden außenliegenden kleinen Fingern seinen Nachbarn zu berühren – der Kreis darf auf keinen Fall unterbrochen werden. Oft benötigt man dann auch noch eine Art Medium, welche die Geister der Toten beschwört. Mit diesem Wissen ausgestattet machte sich auch eine Gruppe von jugendlichen Enzenkirchnern auf den Weg zu einer etwas verfallenen Hütte in einem Wald in der Nähe von Matzing und begannen ihre Sitzung. Sie beschworen den Geist eines Mannes, der erst vor einigen Tagen Selbstmord begangen hatte, aber es tat sich nichts. Beinahe hätten sie schon das Handtuch geworfen, als plötzlich der Stift im Tischchen heftig zu vibrieren begann, und den Ersten bereits mulmig wurde. Das Medium stellte die erste Frage – und zwar wie der Geist zu Lebzeiten hieß. Die Antwort erfolgte prompt, es war jener Mann den sie beschwören wollten, also stellten sie die zweite Frage – warum er sich ermordet habe. Mit einem Male wurde der Stift, wie von Geisterhand aus dem Tischchen gerissen und an die Decke gedonnert und im selben Moment erhob sich im Inneren der Hütte ein Wind, der sämtliche, bis dato offenen Fenster, gleichzeitig und großer Wucht zuschlug, dass das Glas in Tausende Scherben zerbarst. Eines könnt ihr mir glauben, die betroffenen Jugendlichen hatten seither genug von der Magie.

Quelle: Daniela Lappe 1992.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.