Vorwort…

Schon mein ganzes Leben lang bin ich von alten Geschichten, besonders von solchen die sich in der näheren Umgebung meiner Heimat abspielten fasziniert, da sie ein Relikt aus unserer Vergangenheit sind – und eine Tradition hoch halten, die aus einer Zeit stammt, in der unsere Vorfahren noch keine Schrift kannten, beziehungsweise des Lesens und Schreibens kaum mächtig waren. Die einzige Möglichkeit damals war die mündliche Tradierung. Wahrscheinlich gab es früher Tausende von solchen Geschichten, wie sie hier vorliegen – aber leider sind viele über die Jahrhunderte hinweg vergessen worden. Andere wiederum trotzten dem Zahn der Zeit, wandelten sich und traten in veränderter moderner Form wieder in Erscheinung, wenn auch ihr Inhalt derselbe blieb. Zugegeben, eigentlich ist es eine Freveltat, dass ich mir die Frechheit genommen habe, diese Geschichten zu Papier zu bringen – weil dabei die Gefahr auf den Plan tritt, dass diese Geschichten nur mehr so erzählt werden, wie ich sie niedergeschrieben habe, sie sozusagen zu einem unveränderlichen Kanon werden; was sie aber nicht sollen, denn genauso wie es bei Sagen nun mal üblich ist, hat zwar jede der Geschichten einen mir überlieferten Kern und an der Aussage wurde nichts geändert, ich nahm mir aber die erlaubte Freiheit diese Geschichten und Sagen mit meiner Fantasie auszuschmücken, denn dadurch leben diese Überlieferungen und überdauern die Zeit; daher appelliere ich an den Leser, dass er diese Texte einmal durchlesen und den Sinn erfassen soll, sie aber in mündlicher Form, mit eigenem fantastischem Schmuck ausgestattet, weitertradiert und sie somit am Leben hält. Oft wird kritisiert, dass alte Erzählungen durch die neuen Medien verloren gehen, aber umso eingehender man sich damit beschäftigt, desto eher erkennt man, dass sie sich nur für einen bestimmten Zeitraum zurückziehen, um dann in veränderter Form wieder aufzutreten – vor allem im Innviertel hat das sogenannte „G´schichtldrucka“ ja Tradition, und nicht selten geschieht es, dass Menschen zu den verschiedensten Anlässen gemütlich zusammensitzen und plötzlich zu erzählen beginnen und man bemerkt, dass jede einzelne Geschichte noch vorhanden ist und im Speicher des kollektiven Gedächtnisses schlummert. Einige davon habe ich hier gesammelt.

Roger Michael Allmannsberger, Enzenkirchen 2004.