Wås liegt des pickt...

Kartenspiele aller Art können zwar oft ein schöner Zeitvertreib sein, sie waren und sind es noch immer aber auch oft die Ursache für großes Unglück. Für die Kirche war das Kartenspielen ohnehin schon immer Teufelswerk: „Den Schnaps und die Karten hat der Teufel erfunden!“. Trotzdem frönte oft auch manch Geistlicher diesem sündigen Zeitvertreib. Jedoch nicht ein Pfarrer, sondern ein normaler Knecht, und zwar aus Loh, soll in der folgenden Geschichte die tragische Figur sein. Dieser bekam, so wie es früher eben üblich war, einmal im Jahr sein ganzes Gehalt ausbezahlt. Mit diesem musste er dann ein ganzes Jahr auskommen. Unserer war aber dabei nicht so bedacht und eilte in ein Wirtshaus im Ort, wo er sich erst einmal ein paar Bier genehmigte; aber nicht nur er, sondern auch viele seiner Kollegen von anderen Höfen der Pfarre. Es wurde ein geselliger Abend und der „Schmäh rannte“, wie man Umgangssprachlich gerne sagt. Zu später Stunde, es muss wohl so gegen zehn Uhr gewesen sein, begannen die Knechte in geselliger Runde mit einem Kartenspiel, und zwar „Krätzen“. Das Glück war einmal diesem, einmal jenem hold – aber nach längerem Spielen sah es so aus, als hätte einen der Knechte das Glück vollkommen verlassen, er verlor und verlor. Anstatt aber aufzuhören, nachdem er bereits zwei Monatslöhne verloren hatte, spielte er weiter, in der Hoffnung natürlich, dass er das verlorene Geld wieder zurückgewinnen wird. Aber das Schicksal war ihm nicht gut gesinnt – so gegen Elf hatte er den ganzen Jahreslohn verspielt. Bleich im Gesicht trank er schnell seine letzte Halbe aus und verließ ohne ein Wort zu sagen das Wirtshaus, um sich auf den Weg nach Loh zu machen. Jetzt tat es seinen Mitspielern leid, dass sie ihn so ausgenommen hatten, aber keiner wollte es vor den anderen eingestehen, also spielten sie weiter, ohne noch einen Gedanken an den Knecht zu verschwenden. Es muss so gegen Dreiviertelzwölf gewesen sein, da machte sich ein Knecht aus Hacking auf den Weg nach Hause. Sein Weg führte ihn beim heutigen Buchinger Bauernhaus vorbei, den Weg Richtung Speckholz, vorher über einen kleinen Steg, der über den Bach führte und von dort Richtung Hacking. Als er über den Bach übergesetzt hatte, erhob sich plötzlich ein heftiger Sturm. Gut dachte er sich, dass er bald zu Hause sei. Im selben Moment, als er sich das dachte, sprang ein pechschwarzer Hund aus dem Nahen Speckholz und jagte den Hügel rauf Richtung Hackingerholz. Dabei fiel sein Blick auf den Rand des Waldes hinter dem der Mond schien. Irgendetwas war eigenartig an den Bäumen im Hackingerwald und dieser Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Eine innere Stimme sagte ihm, dass er nachschauen soll, was dort wohl los ist. Lautes Hundegejaule erklang. Der Knecht hatte normalerweise noch nie Angst gehabt, wenn er des Nachts im Wald unterwegs war, aber an dieser Nacht war etwas anders. Er stieg den Hügel Richtung Wald hoch und sah, so glaubte er jedenfalls, einen abgebrochenen Ast von einem Baum hängen, der noch irgendwie von der Rinde gehalten wurde. Als er aber näher kam, sah er was es wirklich war. Der Knecht, den sie den ganzen Jahreslohn abgenommen hatten, baumelte erhängt an einer alten Esche. Darunter saß der pechschwarze Köter von vorhin und heulte den Mond an; als der Knecht näher kam, huschte der Hund auf und verschwand im Hackingerholz. Es musste der Teufel gewesen sein, der sich die Seele des Mannes geholt hatte. Dort wo der Hund saß fand der Knecht eine Spielkarte mit den Kratzern der Teufelskralle. Der erhängte Knecht wurde drei Tage später in ungeweihter Erde, wie es früher für einen Selbstmörder üblich war, verscharrt. So konnte seine Seele keine Ruhe finden, und noch heute soll manchmal in den Nächten lautes Hundsgeheule im Hackingerholz zu hören sein, und es soll sich auch schon zugetragen haben, dass jemand am Jahrestag des Selbstmordes, die geisterhafte Leiche des Knechtes an einem Baum hängen, oder dessen Umrisse durch den Wald streifen sah.

Quelle: Wiesinger Cäcila o. J.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.