Und wieder d´Rädschaubat...

Die oben erwähnte Geschichte ist aber nicht die einzige, die von der „Rotschaubat Lies“ erzählt wird. Eine andere wäre folgende: Es muss in Zeiten gewesen sein, als die Handwerksgesellen noch auf Wanderschaft waren, um sich ihr täglich Brot zu verdienen, denn die Geschichte erzählt von einem Schuster aus Kriegen, der einst einen Auftrag vom Schlossherren aus Sigharting hatte. So machte er sich schon früh morgens auf den Weg in den Nachbarort, um für den Herren ein Paar Schuhe für die Jagd zu machen. Auch er musste den Weg über den „Schachigådern“ nach Sigharting nehmen – und wie eigentlich jedem, der in der Dunkelheit dort vorbei muss, fielen auch bei ihm die Gedanken auf die Geschichten von der „Rotschaubat´n“ und ganz geheuer war ihm ebenfalls nicht. Erst als er die ersten paar Schritte in den Wald setzte und gleichzeitig der erste Hahn im Nahen Mühlwitraun die Morgensonne begrüßte, fiel ihm ein schwerer Stein vom Herzen und er ging beruhigt weiter. Eine halbe Stunde später kam er dann im Schloss des Herren von Sigharting an und begann seine Tätigkeit. Normalerweise ging die Arbeit bei ihm schnell von der Hand und somit war er sich mehr als sicher, dass er am frühen Abend wieder zu Hause sein wird. Was er aber dabei nicht bedachte war, dass der Schlossherr von Sigharting ein alter Grantler war, dem man kaum etwas recht machen konnte. Nicht umsonst gab es den Spottvers: „Da Themel, da Jaga, a boartada, graba, a grantiga Mån, der´s Schoiss´n ned kån.“ Daher war es bereits spät nach Sonnenuntergang, als sich der Schuster wieder auf den Weg nach Kriegen zu seiner Familie machen konnte. Noch verärgert über den Grant des Schlossherren war er in Gedanken verloren, als er den „Schachigådern“ betrat. Als er schon Mitten im Wald war, sprang ihn plötzlich ein rotblondes Weibsbild an, packte ihn und fuhr mit ihm, wie im Tanze davon – und so stark er sich auch wehren wollte, er konnte sich nicht aus deren Klauen befreien und er fiel in Ohnmacht. Er hatte aber mehr Glück, als viele seiner Vorgänger, denn er kam am nächsten Morgen inmitten einer Waldlichtung auf; sein Gewand war zwar vollkommen zerfetzt und tiefer Schmerz steckte in jedem seiner Knochen, aber er war mit dem Leben davongekommen. Schnell machte er sich auf den Weg nach Hause zu seiner Familie und man erzählt sich, dass er es von diesem Zeitpunkt an Zeit seines Lebens vermied, jemals wieder durch den „Schachigådern“ zu gehen, zu tief saß ihm der Schrecken jener Nacht.

Quelle: Kramer Josef 1994.
Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 1.