Binkelies...

Für uns war sie einfach nur eine Hexe, als wir damals noch zur Volksschule gingen und ihr öfters begegneten und sie uns Angst einjagte. In der Gemeindebevölkerung hieß sie einfach die „Binkelies“, was wohl daran lag, dass sie immer mit unzähligen voll geräumten Plastiktaschen herumlief und damit ziemlich hart zuschlagen konnte, wenn ihr jemand zu Nahe kam; vor allem waren davon die Kinder betroffen. Niemand weiß eigentlich noch warum sie so war, nur dass sie es war. Die gängige Meinung war einfach, dass sie spinnt. Sie hatte nämlich angeblich derartig panische Angst, dass sie irgendjemand vergiften könnte, dass sie immer den größten Teil ihres Hab und Gut in den Taschen herumschleppte. Sie lebte angeblich in der Nähe der alten Hausmühle des Obernwirt, jedoch genaueres erfuhren wir Kinder nie. Gut kann ich mich noch daran erinnern, wie wir uns auf dem Nachhauseweg von der Volksschule immer vorsichtig umsahen, ob nicht die „Binkelies“ irgendwo zu sehen war. Eines Tages waren wir aber so in ein wichtiges Gespräch vertieft, dass wir nicht bemerkten, dass sich die besagte Person in der Nähe des Gemeindehauses aufhielt. Wir gingen gerade auf der Höhe des heutigen Gemeindebrunnens, als sie plötzlich mit ihren Taschen auf uns zustürmte und wie wild um sich schlug. Zuerst traf sie mich und dann meinen Freund. So schnell wie an diesem Tag waren wir glaube ich noch nie zu Hause, denn obwohl ich damals nicht der schnellste im Laufen war, fasste ich es selbst nicht ganz, dass ich so schnell Rennen konnte. Tja, die Angst verleiht einem ja doch oft Flügel! Von diesem Tag an waren wir wieder strikt darauf bedacht, dass es im Ort vor ihr sicher war, bevor wir diesen passierten. Ab und zu sahen wir sie doch noch, aber meist aus entsprechender und vor allem sicherer Distanz. Heute können sich die Kinder das nicht mehr vorstellen, denn mit den Jahren wurde es immer leiser um die „Binkelies“ und einige Jahre nach unserem Zusammentreffen verstarb sie; vielen Enzenkirchnern wird sie aber trotzdem noch eine Weile in Erinnerung bleiben!

Kommentar:

Binkelies: In Erinnerung an die in ganz Enzenkirchen bekannte „Binkelies“ oder „Kuppeklies“, die Dirnberger Gerald und mir wirklich einmal ihre Taschen nachgeschmissen hat.

Quelle: Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 2.