Gålgenwies´n...

In alten Tagen, so erzählt man sich, als zwischen dem alten Totengräberhäuschen und dem Gebäude der alten Volksschule noch nichts war, als eine Wiese, konnte man von dort des nachts manchmal geheimnisvolle und teils auch schreckliche Geräusche vernehmen. Das Fleckchen Erde das sich dort befand war früher in gewisser Art und Weise eine sumpfige Auenlandschaft. Erst durch die Bachregulierung und Verrohrung änderte sich das und seither ist die Wiese trocken genug um sie landwirtschaftlich zu nutzen. In alten Tagen war sie wie gesagt ein sumpfiges Stück Land. Aus den Pfarrmatriken erfährt man, dass man dieses Fleckchen Erde früher als „Gålgenwies´n“ oder „Scheringau“ bezeichnete. Einst befand sich dort, also zwischen dem Ortszentrum und dem alten Totengräberhäuschen eine Richtstätte für Verbrecher, daher rühren die Namen – „Gålgenwies´n“, wie nicht schwer zu erraten, leitet sich von Galgen ab und die „Scheringau“ kommt von der Au eines Schörgen, also eines ländlichen Richters. Zu vermuten ist, dass eher selten Menschen dort hingerichtet wurden, aber auszuschließen ist es nicht, denn nicht umsonst erzählt man sich gar unheimliche Dinge. Von leisen Seufzern ist zu erfahren, die in gewissen Nächten dort zu hören sind. Skeptiker halten es für Humbug und tun es als Aberglauben ab, erklären es durch das Pfeifen des Windes – andere sind aber fest davon überzeugt, dass es sich um die Seelen einst dort Hingerichteter handelt. Der alte Besitzer des einst auf dem heutigen Grundstück Moser gestandenen Gutes, wusste einst zu erzählen, dass er nicht nur einmal im Jahr seltsame Geräusche von dieser Wiese vernahm und ein oder zwei Mal sah er dort auch unheimliche Lichter umgehen. Einmal habe er dort mitten in einem schrecklichen Gewitter im kurzen Aufleuchten des Blitzes die schwarzen Umrisse eines Galgens mit einem Hingerichteten gesehen. Heute ist die „Gålgenwies´n“ trockengelegt und auf einem Teil von ihr befindet sich der heutige Gemeindeparkplatz, die Zeit ist einfach über sie hinweggerollt und schon lange nicht mehr wusste jemand davon zu berichten, dass er etwas Unheimliches auf ihr beobachtet hatte. Tja, auch Spukorte sind nicht vor der Moderne gefeit!

Kommentar:

Gålg´nwies´n: 1785 wird in der Schörgenauer Flur der KG Enzenkirchen ein Grundstück „Galgenland“ genannt, das im Besitz der Häuser 4 (Neuhauser) und 13 (Kreilbauer) war. Aufgezeichnet von Ruttmann Rupert in Heimatkundlichen Notizen über Enzenkirchen 1974.

Quelle: Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 2.