Da Kriag ois Hä(ch)zatvamittla…

Im Zweiten Weltkrieg sind ohne Zweifel mehr als nur schreckliche Dinge passiert, darüber braucht man nicht diskutieren, dass es aber auch Momente gab, in denen die Menschlichkeit doch wieder über die Grausamkeit obsiegte, ließ die Welt hoffen. Der Großteil der zum Kriege eingezogenen Männer aus Enzenkirchen kämpfte damals in der eisigen Kälte Russlands um das nackte Überleben und mussten jeden Tag dem Tod ins Auge blicken, sei es wegen dem angeblichen Feind oder der menschenverachtenden Witterung. Dort, in den Weiten Russlands lernten sich ein Mann aus Enzenkirchen und einer aus der Nachbargemeinde Diersbach kennen. Sicherlich, vermutlich sind sie sich schon vorher des Öfteren über den Weg gelaufen, aber trotzdem kannten sie sich nicht. Sehr wohl kannte jedoch derjenige aus Enzenkirchen die Schwester des Diersbachers und schon mehrmals hatten sie, wie man es früher bezeichnete, ein „Gschbusi“ – heute würde man wohl „G´schichtl“ sagen; aber der Enzenkirchen konnte sich nie zur Gänze eingestehen, dass es die Liebe war, die ihn da getroffen hat; vermutlich war er dazu ein zu lebenslustiger und junger Mann. Und genau dieses kleine Geheimnis schwebte die ganze Zeit über wie ein Damokelsschwert über den Häuptern der beiden, aber es kam nie zur Sprache. Und vermutlich hätte es auch nur eine zusätzlich unnütze Belastung für beide bedeutet, wenn sie sich damit auseinandergesetzt hätten. Indem sie es nicht taten, lebte es sich für beide doch etwas leichter. Eines Tages aber, sollte das Schicksal für beide entscheiden. Angeblich war es bei der Schlacht um Kiew, als die Einheit in der sich die beiden befanden, von den Russen schwer bedrängt wurden. Reihenweise vielen die Männer, angeblich um ihre Heimat zu verteidigen – ein Lüge, die tausende Kilometer von Daheim keiner mehr glaubte, wenn er auch noch so dumm war. Zitternd und voller Angst versteckten sich beide in einem riesigen von Stalinorgeln aufgerissenem Krater und hofften, dass sie der Feind nicht findet, denn keiner von beiden hatte mehr eine Kugel. Plötzlich stürmten aber zwei Russen in ihr Versteck und zu ihrem Glück waren diese genauso schlecht mit Munition ausgerüstet, also entbrannte ein heftiger Kampf Mann gegen Mann. Der Diersbacher hatte seinen Russen bald mit einem heftigen Schlag und seinen riesigen „Prätz´n“ zu Boden gestreckt – anders ging es jedoch seinem Enzenkirchner Freund, der rang noch immer heftigst und der Russe hatte ihm schon sein Bajonette an den Hals gesetzt. Es ging also um Sekunden. Bevor jedoch der Russe seine Tat vollenden konnte, wurde er von dem Diersbacher stark am Nacken gepackt und mit einem linken Faustschlag ebenfalls zu Boden gestreckt. Nun war es aber an der Zeit zu flüchten, dachten sich wohl beide, kletterten aus dem Krater und liefen in ihre Stellung zurück. Erst nach einigen Tagen, als sich die Situation an der Front wieder beruhigt hatte, bedankte sich der Enzenkirchner für die Rettung seines Lebens und beide kamen ernsthaft ins Gespräch. Endlich erfuhr der Diersbacher, was sie beide eigentlich schon die ganze Zeit über verband. Am Ende gelobte der Enzenkirchner, dass er die Schwester des Diersbachers heiraten wird, wenn er heil aus dem Krieg zurückkäme. Von diesem Tag an, passten beide noch besser auf einander auf als früher und beide kehrten nach Hause zurück, wo auch das Gelöbnis eingehalten wurde und bald eine große Hochzeit stattfand. Der Enzenkirchner hatte wohl wirklich seine große Liebe gefunden, aber es bedurfte des Wahnsinns des Krieges um sich dessen bewusst zu werden.

Kommentar:

Da Kriag ois Häzatvamittla: Während des Zweiten Weltkriegs rettete mein Großvater Allmannsberger Ferdinand im Russlandfeldzug dem alten Urban von Schwarzenberg das Leben. Dieser versprach ihm darauf seine Schwester zu heiraten. Überliefert von Allmannsberger Rosa nach einer Erzählung von Allmannsberger Ferdinand o. J.

Quelle: Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 2.