Wånn d´Muatha wüdln gehn muaß...

icht immer war es ein leichtes seine Familie und vor allem die Kinder ernähren zu können und speziell in alten Tagen war dies wohl noch schwieriger als heutzutage. Im ersten Band der „Enzenkiringa G´schichtln“ war ja schon die Rede von der Herkunft des Namens des „Speckholzes“ der auch etwas mit Essen zu tun hat. Eine andere Geschichte ist dabei etwas amüsanter zu lesen. Obwohl Jagen früher Herrschaftsangelegenheit war, schafften es manche Innviertler trotzdem immer wieder diese Vorschrift zu umgehen. Manche damals wie auch heute würden das als Wildern bezeichnen, andere diesen Umstand eher mit „da g´schwindare ist da g´sindare“ umschreiben. Glaubt man jetzt auch noch, dass Wildern vor allem Männerangelegenheit war, dann wird man wohl auch hier eines besseren belehrt – oft standen Frauen den Männern in dieser Kunst in nichts nach. Eigentlich kann man nicht einmal richtig von Diebstahl sprechen, sondern eher von Mundraub – und der ist ja bekanntlich nicht strafbar. So dachte sich wohl damals auch eine vielfache Enzenkirchner Mutter, Frau eines armen „Häuslmannes“ wie es damals hieß. Eher schlecht als recht war sie in der Lage ihre Kinder zu ernähren und sämtliches Bitten und Betteln stieß bei den umliegenden Bauern nur auf Verachtung und taube Ohren. Was sollte sie daher tun? Im fast schon philosophischen Sinne eines Jean Jaques Rousseau, fiel ihr wohl die einzige Antwort ein: „Zurück zur Natur!“. Die Besitztümer der Erde sind für alle da. Unerschütterlich in ihrem neuen revolutionären Glauben wanderte sie mit dem Gewehr ihres Mannes hinaus in den Wald, wartete einen kurzen Moment und schoss den ersten Hasen, der ihr vor die Flinte lief. Eilig rannte sie mit dem Hasen nach Hause. Unweit davon war aber gerade ein Jäger unterwegs um zu kontrollieren ob im Revier alles in Ordnung sei – erschrocken vernahm er den Schuss und jagte diesem sofort hinterher. Als er jedoch Richtung Wald rannte, sah er gleichzeitig einen Schatten wie der Wind einen Feldweg entlang laufen, der sogleich in einem nahen Haus verschwand. Den Schatten im Verdacht ungesetzliches getan zu haben begab er sich zu diesem und fand dort nur eine Mutter mit ihren vielen Kindern vor, eines davon auf dem Töpfchen sitzend. Herzlich begrüßte sie den Jäger, der sich aber nicht einschüchtern ließ und exakt die Lage prüfte und nach etwas Gewildertem suchte. In der Kredenz war nichts, auch im Selchkammerl fand er nichts, weder in einem Häfen noch sonst wo. Drohend klärte er nach seiner erfolglosen Suche die Frau noch auf, dass er sie eines Tages schon beim wildern erwischen werde und dies nur eine Frage der Zeit war. „Wånnstas du sågst Jaga, dånn wird des scho´ stimma!“ antwortete sie ihm, während sie ihn zur Tür begleitete, hinter ihm abschloss und tief durchatmete. Kurz darauf, als sie sich durch das Fenster versichert hatte, dass der Jäger weg war, schritt sie zu ihrem Sohn, der noch immer auf seinem Topf saß und herzig lächelte, nahm ihn an den Iaxl´n, schaute ihn zufrieden an und sagte zu ihm: „Gottseidånk håst du so an Häs´n mit deim Topfal!“. Ihre Worte in Gottes Ohr, denn im Topf befand sich der von ihr gewilderte Hase aus dem sie der hungernden Familie einen wahren Festschmaus bereitete. Übrigens der Jäger erwischte sie ihr ganzes Leben nicht, denn wie schon gesagt: „Da G´schwindare is´ meist da G´sindare!“.

Kommentar:

Wånn d´Muatha wüdln gehen muaß : Samhaber Katharina hatte einst einen Hasen erschossen und als ein Jäger in ihr Haus kam, um zu sehen, ob nicht sie den Hasen irgendwo versteckt hält, gab sie den Hasen in ein Topferl und setzte ihren Jungen drauf. Überliefert von Allmannsberger Mathilde nach einer Erzählung von Samhaber Maria, 2006.

Quelle: Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 2.