An Ruckspiagl…

Wer denkt sich schon etwas, wenn er nachts mit dem Auto fährt und in den Rückspiegel schaut? Wahrscheinlich niemand!? Dies könnte sich aber ändern nachdem man folgende Geschichte gelesen hat, die einst einer Enzenkirchnerin passierte. In den Monaten Mai bis Oktober finden ja bekanntlich Wallfahrten zum Fronberg nach Schardenberg statt, und auch viele Enzenkirchner sind dort anzutreffen. Sicherlich, früher nahm man das Wallfahrten noch etwas ernster und viele Enzenkirchner gingen noch zu Fuß dorthin – immerhin gibt es ja heute noch immer eine kleine Gruppe die wenigstens mit dem Fahrrad fährt. Der Großteil der Wallfahrer hingegen reist aber heute motorisiert an, sei es mit Auto, Bus, Motorrad usw. Mit dem Auto fuhr auch besagte Enzenkirchnerin und auf der Hinfahrt passierte auch nichts besonderes. Und auch während der Messe fand nur das übliche Brimborium statt. Spät in der Nacht ging es dann aber mit dem Auto nach Hause und auch hier passierte nichts ungewöhnliches. Erst als sie zwischen Schardenberg und Münzkirchen durch den Wald fuhr fing plötzlich der Radio zu spinnen an. Anfangs war nur ein Krachen und Surren zu hören, allmählich formten sich diese Geräusche jedoch zu einer gespenstischen Stimme die zwar Worte sprach, sie davon aber nur Fetzen verstehen konnte. Irgendwie klang ihr die Stimme sehr vertraut, wenn sie sich auch eingestand, dass es schon eine lange Zeit her war, sie vernommen zu haben. Sie konzentrierte sich stärker und ihr wurde etwas mumelig und bang – handelte es sich doch um die Stimme ihrer Großtante, die schon vor Jahren verstorben war. Konnte es sein, dass man über elektromagnetische Wellen Kontakt zu jenseitigen Welten aufnehmen kann? Pseudowissenschaftler halten es heute durchaus für möglich und auch der berühmte Thomas Alva Edison, der Erfinder der Glühbirne, war davon überzeugt. Was nutzte ihr jetzt aber solches Allgemeinwissen? Hätte ihr jemand vor einer Stunde von diesem Phänomen erzählt, hätte sie ihn belächelt. Und jetzt? Alles konzentrieren half nichts, die Worte aus dem Radio wurden nicht klarer. Ängstlich schaltete sie daher das Radio aus und versuchte sich wieder auf die Straße zu konzentrieren – zuerst ein Blick auf die Straße vor ihr, dann in die Seitenspiegel und dann…Oh Schreck, im Rückspiegel. Im Rückspiegel sah sie die weißen Umrisse einer Frau sitzen, die ihr etwas sagen wollte, sie aber nichts hören konnte. Fest umklammerte sie vor Angst das Lenkrad des Autos, während die weiße Frau hinter ihr noch immer versuchte mit ihr zu reden. Weniger auf die Straße, als auf die Frau konzentriert, erblickte sie im Spiegel, dass plötzlich die Hand der Frau nach ihr greifen wollte. Erschrocken stoppte sie mit einer quietschenden Bremsung das Auto, löste ihren Gurt und sprang auf die Straße. Auf dem Rücksitz war niemand und nichts mehr zu sehen, aber ihr Herz schlug noch immer in rasendem Tempo. Da vernahm sie in der Nähe Stimmen, menschliche Stimmen. Nachdem sie ein paar Meter die Straße entlang gegangen war, entdeckte sie nach einer scharfen Linkskurve ein paar alte Damen die um ein Auto herumstanden, das anscheinend einen Patschen hatte und die Unfallstelle zwar mit einem Pannendreieck gekennzeichnet hatten, jedoch nicht vor der Kurve, sondern ca. einem Meter hinter ihrem Auto. Hätte betreffende Enzenkirchnerin aus erzählten Umständen nicht gebremst, wäre sie wohl in das stehende Auto mit den herumstehenden Frauen gekracht!?

Kommentar:

An Ruckspiagl: Einer Enzenkirchnerin soll einmal von der Heimfahrt von einer Wallfahrt von der Fatimakapelle in Schardenberg im Rückspiegel eine weiße Frau erschienen sein. Überliefert von Allmannsberger Mathilde 2003.

Quelle: Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 2.