Vorhergsågt håm si´s…

Man kann ja von Wahrsagerei halten was man will, aber manchmal geschehen frei nach Shakespeare doch Dinge zwischen Himmel und Erde, für die unsere Schulweisheit nicht ausreicht. Ein Enzenkirchner nutzte einmal die Gunst der Stunde und konsultierte eine alte Zigeunerin, die für ihre Wahrsagekünste bekannt war, als sie wieder einmal unweit des „Müh(l)widaringa Hoiz“ ihr Lager aufgeschlagen hatten. Geheimnisvolle Zeichen schmückten ihren Planwagen und im Inneren befanden sich die eigenartigsten Gegenstände. Die alte Frau war aber nicht da, also wartete er auf sie indem er sich neben ihren Wagen auf die Wiese setzte und die Abenddämmerung genoss. Erst nach Einbruch der Dunkelheit kam die Alte den Weg herunter, der Adlberg mit Mühlwitraun verbindet. Freundlich begrüßten sich beide, während die Alte etwas brabbelte, dass die Menschen der Umgebung blind seien, um nicht zu sehen, was der Felsen am Sumpfe bedeutet. Erst später wurde dem Mann bewusst, dass er sie fragen hätte sollen, was sie damit gemeint hat, aber für ihn war in diesem Moment interessanter sein eigenes Schicksal zu erfahren. Löblich bemerkte sie, dass er würdig sei von ihr seine Zukunft zu erfahren, da er geduldig auf sie gewartet hatte. Sie forderte ihn auf ihr in ihren Planwagen zu folgen und hinter ihm die Plane zu schließen. Dort zündete sie eine Petroleumlampe an und nahm an dem kleinen Tisch Platz und ergriff des Mannes Hand. Angst einflößend verdrehte die Alte ihre Augen so, dass nur mehr das Weiße darin zu sehen war und hielt gleichzeitig fest die Hand, damit der Mann nicht floh. Sie begann ihm, nach einigen für ihn unverständlichen Worten, seine Zukunft zu offenbaren. Bald schon würde er eine nette Frau kennen lernen, sich in sie verlieben und mit ihr eine Familie gründen. Sechs Kinder werden sie kriegen, zwei Söhne und vier Töchter. Gemeinsam werden sie zwei Häuser erbauen und glücklich werden. Einige Jahre werde er im hiesigen Steinbruch arbeiten, um dann aber entlassen zu werden. In den Vierzigerjahren seines Lebens wird er einmal ein kleinen bescheidenen Gewinn machen…Dann fing die Frau plötzlich stark zu zittern an und dickflüssiger Speichel rann aus ihrem Mund und über das Kinn…Sein Leben aber werde nicht lang sein, denn wie seine Vorfahren wird er in jungen Jahren diese Welt verlassen, und zwar nach einer langen und schweren Krankheit. Im Großen und Ganzen wird es aber ein schönes Leben sein. Die Alte schwieg und ihre Augen nahmen wieder ihre ursprüngliche Stelle ein – nachdem der Mann ihr etwas Geld gegeben hat, obwohl er selber nicht viel hatte, bedankte er sich höflich und verließ den Wagen. Hell erleuchtete der Mondschein die Nacht, entschlossen setzte der Mann seinen Hut auf und trat in seine Zukunft, er atmete tief durch und insgeheim fragte er sich selbst, ob er nicht besser seine Neugier in Zaum gehalten hätte. Mutig trat er seinem Schicksal entgegen und egal was man von dem allen halten mag, vielleicht war sein Leben deswegen um so erfüllter, da er wusste das ihm nicht viel Zeit blieb um es genießen zu können.

Kommentar:

Vorhergsågt håms es: Angeblich wurde meinem Großvater Pöcherstorfer Anton einst von einer Zigeunerin sein bevorstehendes Leben vorhergesagt und darin erzählte ihm sie auch von einer schrecklichen Krankheit die mit seinem Tod enden würde und er starb in der Tat 1987 nach langem Leiden infolge von Knochenkrebs. Überliefert von Binder Margit nach einer Erzählung von Pöcherstorfer Anton o. J.

Quelle: Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 2.