D´Wäschläcka...

Bei Schönwetter hat man von Ruprechtsberg aus einen schönen Blick bis in die Alpen und bis nach Bayern und kaum einer würde anzweifeln, dass es sich dabei nicht um einen schönen Ort handelt; dass solche Orte aber oft auch ihre dunklen Geheimnisse haben, dass will man des Öfteren lieber vertuschen. Niemand weiß mehr wo sie sich befunden hat, viele wollen es vielleicht gar nicht mehr wissen, aber einst befand sich der Sage nach in Ruprechtsberg ein kleines, stehendes Gewässer, dass von allen nur als „Wäschläcka“ bezeichnet wurde. Dort wuschen die Bäuerinnen der Umgebung in alten Tagen ihre Wäsche und plauderten dabei über Gott und die Welt. Es war an so einer Lacke also nichts besonders auszusetzen. War es auch nicht. Bis eines herbstlichen Tages folgendes geschah:

Düster und fahl lag das Licht über der Umgebung und vom Norden blies bereits winterlich kalter Wind und durchfuhr den, von der anstrengenden Arbeit stark zugesetztem Stoff der Kleidung des armen Handwerkers, als hätte er nichts an seinem Leib getragen. Fest umklammerte er mit den Armen seinen Oberkörper, stellte sich seinen Hemdkragen etwas auf, zog seinen Kopf ein, um wenigstens etwas geschützt zu sein. Ein weiter Weg lag noch vor ihm, bis er in Jagern angelangt war. Und wie er so vor sich hinsinnierte fiel ihm die alte Geschichte vom Teufelsweiher ein, die ihm sein Großvater einst erzählt hatte, der sich einst in der Nähe von Putzing befunden haben soll. Etwas unheimlich war ihm dabei schon, auch wenn er keinesfalls an solche Schauermärchen glaubte. Ruprechtsberg selbst soll ja von vielen unterirdischen Gängen durchzogen sein, war sein nächster Gedanke. Mit irgendetwas musste er sich ja die Zeit vertun. Währenddessen brach die Dunkelheit noch stärker über die Welt herein, und in der Entfernung erschien alles nur noch schemenhaft. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, als er durch Ruprechtsberg marschierte. Immerhin war er hier etwas von dem scheußlichen Wind geschützt, der durch die Bauernhöfe und Häuser etwas abgebremst wurde. Es war auch nur dessen starkes Pfeifen zu vernehmen und sonst nichts. Am Ortseingang, von Putzing kommend, fiel ihm das alte, schwarze, metallene Kreuz auf, dass schon dastand so lange er denken konnte, wenn er auch in jungen Jahren nicht oft in diese Gegend kam. Angeblich war es errichtet worden, weil hier einst eine Frau von einem Pferdewagen fiel und dabei verunglückte. Vorne beim „Wimmer“ soll sich ein alter Geheimgang befinden, mache behaupten, er führe bis ins Tal hinunter, aber begangen hat ihn schon seit langem keiner mehr. So setzten sich seine Gedanken fort – und noch immer keine Menschenseele zu sehen. Er würde wohl bei so einem „Sauwetter“ auch lieber im Haus in der guten Stube sitzen, einen Krug Most trinken, Karten spielen, oder sich mit Geschichtenerzählen die Zeit vertreiben, als hier in der Kälte auszuharren. Sobald er zu Hause ist, sagte er sich, wird er sich ein Gläschen Most gönnen, und eventuell noch etwas jausnen. Er hatte zwar erst vor einer Stunde, bei seinem Arbeitgeber aus Kopfing, einem Bauern in Entholz, noch etwas gegessen – die Bäuerin hatte ihm sogar ein sogenanntes „Störibrot“ mitgegeben, dass sie heute erst gebacken hatte – aber trotzdem hatte er schon wieder etwas Hunger. Und während er so ans Essen dachte, bemerkte er plötzlich die Gestalt einer vollkommen in schwarz gekleideten Frau, die drunten an der „Wäschläcka“ saß, und wusch. Eigenartig, muss wohl ein ziemlich störrisches Weib sein, dass unbedingt in der größten Kälte, bei starkem Wind und Dunkelheit wäscht. Es könnte aber auch sein, dass sie von ihrem Mann dazu gezwungen wurde. Vielleicht würden ein paar aufmunternde Worte nicht schaden, dachte er sich, wenn er an ihr vorübergehen wird. Noch war er aber noch zu weit weg, dass sie ihn hören könnte. Eigenartig kam sie ihm ja schon vor – vollkommen in Schwarz gekleidet, und vor allem ein riesiges Weib muss es sein, sicherlich fast zwei Meter groß, was aber wegen ihres Buckels nicht so auffiel. Auf dem Kopf trug sie ein ebenso pechschwarzes Tuch, wie ihre Kleidung im allgemeinen. Und auch im Waschen schien sie etwas ungeschickt zu sein, kannte er doch, wie seine Frau wäscht, und so sah das bei Weitem nicht aus. Voller Zorn tunkte sie die Wäsche im ziemlich dreckigen Wasser unter, und mit einer Gewalt, vollkommen unnatürlich. Zu Fluchen schien sie auch dabei, auch wenn der Mann sich dabei nicht ganz sicher war, denn durch den starken Wind konnte es auch täuschen. Soll er jetzt wirklich etwas sagen, fragte er sich nochmals selbst? „Ach was soll´s!“, dachte er sich, blieb unweit der Frau stehen, und sprach: „Du tuast ma jå Load, dass´d iatzt bei dem Sauwetta nu´ wäsch´n muasst?“. Die schwarze Frau schien ihn aber vollkommen zu ignorieren, blickte nicht zu ihm auf, sondern stieß nur noch einmal mit voller Wucht den Ballen Kleidung ins kalte Wasser der Lacke, dass diesmal sogar ein leises Gurgeln von der Tiefe aufstieg, dass wahrscheinlich durch eingeschlossene Luft entstanden war. Der Mann wollte schon weitergehen, als er eine Antwort bekam: „Di´ darad i a wäsch´n, wånnst ned den Zwickö Bräd inta deina Iaxl hättst!“. Noch entsetzlicher, als ihre grässlich, hohe, unharmonische Stimme, war ihr Gesicht, dass eher einer Fratze glich, als dem Antlitz einer Frau. Während sie ihn mit grässlichen, weit offenen, abgrundtief schwarzen Augen anstarrte, riss sie den Ballen Gewand erneut voller Zorn aus dem Wasser: „Genauso wia die då!“. Es war nicht nur bloße Kleidung welche die Frau immer mit Gewalt untergetaucht hatte, es war eine arme Kinderleiche, die sie immer und immer wieder mit Gewalt untergetaucht hatte. Der Körper eines armen kleinen Mädchens, befand sich in ihren Krallen – genau Krallen, wie die des Teufels. Die alte Frau richtete sich nun zur vollen Größe aus und der Mann erkannte nun ihre wahre Gestalt. Vor ihm stand keine alte Wäscherin, sondern der Leibhaftige persönlich. In seiner rechten Kralle hielt er einen riesigen Juttesack, den er fest umklammerte, und indem irgendetwas rumorte und sich bewegte. In der linken Kralle hatte er noch immer die Leiche des armen Mädchens, die er nur an den Haaren hielt. Er trat mit dem linken Fuß vor und unter dem langen schwarzen Gewand konnte man seinen Huf erkennen, während der Mann wie starr vor dem Teufel stand und sich nicht rühren konnte. Er war starr wie jene Salzsäule, von Lots Frau, in die sie sich verwandelt hatte, als sie den Schrecken von Soddom und Gomorrah sah. Genauso starr wie seine Glieder, war auch sein Mund, also konnte er nur im Inneren das „Vaterunser“ vor sich hersagen, immer und immer wieder. „I woaß genau wos du tuast, i woaß genau za wem du betst!“ schrie ihn der Teufel an. Und der Mann betete noch inniger das „Vaterunser“: „Våta unsa, wos d´ned sågst, mei´ Våta is ned!“ fuhr er ihn noch Mal an. Fest umklammerte der arme Mann, das durch das Weihwasser gesegnete „Störibrot“ mit der einen, und seinen Rosenkranz mit der anderen. Der Rosenkranz, schoss es ihm mit einem Male, riss ihn sich aus der Hosentasche und schmiss ihn auf den Teufel. Der sprang auf und rannte erschrocken in den nahen Wald. Der Mann ergriff noch schnell seinen Rosenkranz und rannte so schnell er konnte zum nächsten Bauernhof. Dort erzählte er den Bewohnern alles und bat sie, ob er nicht diese Nacht bei ihnen schlafen könnte, denn nach Hause traue er sich heute nicht mehr. Der Bauer nahm ihn gerne auf, doch die Nachtruhe währte nicht lange, denn so gegen drei Uhr morgens hörte man den Pfarrer mit einer Glocke den Weg vom Thal herauf läuten und gleich darauf klopfte die Magd des Nachbarbauern an die Tor. Mit Tränen in den Augen und voller Entsetzen benachrichtigte sie, dass das Dirndl des Nachbarn in der „Wäschläcka“ ertrunken aufgefunden wurde und sich neben der Lacke im Dreck die Spuren eines Hufs befunden haben. Der Teufel hatte also in dieser Nacht sehr wohl noch ein Opfer gefunden und dem Leben der Nachbarstochter ein Leben bereitet. Sie war wohl spät am Abend noch alleine draußen Spielen gewesen und dabei zu Nahe an die Lacke gekommen. Ein geweihtes „Störibrot“, wie der Handwerker, hatte sie nicht dabei – und auch keinen Rosenkranz, so war ihr unschuldiges Leben dem Leibhaftigen ausgeliefert gewesen. Gott habe sie selig!

Kommentar:

D´Wäschläcka:Die Wimmerin erzählte mir vom Huama-Waschweiher. Eines Tages ging eine Frau, eine Taglöhnerin, von Goldberg nach Hause und musste an dem Weiher vorbei. Sie hatte ein Stück Brot unter dem Arm, das ihr die Braut noch mitgab. Als sie am Weiher vorbei kam war es stockfinstere Nacht und sie hörte dass jemand beim Wäscheweiher schwemmt und sie sagt, ob es denn heute noch zum Waschen sei. Daraufhin antwortete die Waschfrau, dass sie sie auch waschen würde, wenn sie nicht den Zwickel Brot unter dem Arm hätte. Da früher beim Brot backen immer Weihwasser in den Brotteig gegossen wurde war also das Brot geheiligt und deshalb konnte ihr der Teufel verkleidet als Waschfrau nichts anhaben. Aufgezeichnet von Allmannsberger Mathilde nach einer Erzählung von Vorhauer Maria 2004.

Quelle: Roger Michael Allmannsberger, Sagen aus Enzenkirchen, Teil 2.