Hans Hölzl, der Zauberer.
Eine wahre Geschichte aus Frankenmarkt.

(Aus den Frankenburger Akten, Faszikel F/4, im Wiener Hofkammerarchiv.)

Man schrieb das Jahr des Heils 1572, da trug sich im sonst so stillen Markte Frankenmarkt eine Geschichte zu, die die Gemüter aller in große Aufregung brachte. Es war eben damals die neue evangelische Lehre schon unter das Volk gedrungen, begünstigt von den Herrschaften im ganzen Lande und begierig aufgenommen von den freiheitheischenden Bauern und Bürgern. Die Frankenburger Herren wünschten in ihrem Markt Frankenmarkt, den sie vom Kaiser gepachtet hatten, das „reine Evangelium“ verbreitet zu sehen und waren keineswegs erbaut, als ihnen vor einem Jahre in der Person des Pfarrers Mauritius Weber ein katholischer Seelenhirt gegeben wurde.

Auch in der Bürgerschaft erhoben sich mißgünstige Stimmen und manch ein böses Wort fiel über den neuen Pfarrherrn. Zu den Schmähern der geistlichen Obrigkeit gehörte auch Hans Hölzl, Hafner und Bürger im Frankenmarkte. Seine Behausung stand am unteren Ende des Ortes, der heute im Volksmunde „Kaffeegasse“ genannt wird. Damals hatte noch keine solche Neuerungswut unter den Menschen geherrscht. Der Bräu am Berg war wirklich noch an einem Berge gelegen, über den die Linzerstraße in steilem Anstieg führte und den die schweren Lastwagen, von vier oder sechs Pferden gezogen, nur mühsam zu nehmen vermochten. Und wo heute die im Jahre 1840 erbaute Straße, von einem gewaltigen Steindamm getragen, den biederen Leuten die Aussicht und die Sonne versperrt und ihnen nur den Staub und den Schatten in reichem Ausmaße schenkt, war damals der belebte Verkehrsweg, an beiden Seiten von Häusern umsäumt und grünen Gärten umgeben.

In einem dieser Häuser, dessen flaches Dach mit Steinen beschwert und dessen Nordseite an die steile Lehne des Bergabhanges angebaut war, wohnte der Hafner Hans Hölzl mit seinem jungen Weibe und seinen kleinen Kindern. Das Geschäft ging nicht besonders gut; die Steuern waren drückend und groß, die Aufträge und Bestellungen an Hafnerarbeiten gering. Was Wunder, wenn man hie und da sich in einem unguten Worte Luft machte.

Doch der Pfarrer ließ nicht mit sich spassen. Am 12. Feber des gleichen Jahres wurde der Hafnermeister Hölzl vor Gericht geladen. Der Richter von Frankenburg, Matth. Öller, erschien in Begleitung des Landrichters Toman Kaiser von Frankenburg, um über die Ehrenbeleidigungsklage, die zwischen Pfarrer und Hölzl schwebte, zu verhandeln.

Und wie es bei Klaghändeln meistens zu geschehen pflegt, daß sich beide Teile ihre Fehler vorwarfen, so auch hier. Der Hölzl schmeißt dem Pfarrer in groben Worten vor, daß er ein Geldsorger und kein Seelsorger sei, daß er, wenn es ginge, nicht bloß den Zehent von den Leuten nehme, sondern auch die Stadeln und Kästen. Der Pfarrer hinwiederum läßt sich das nicht gefallen und sagt, man „hätte schon oft einen frömmeren als Hölzl sei, mit Ruten gestrichen und gehenkt“. Und auf die erregte Frage des Hafners, wie der Pfarrer dies behaupten könne, lautet die Antwort: „Hölzl ist ein Zauberer und steht mit dem Teufel in Verbindung.“

Man stellt nähere Untersuchungen an und Hölzl wird am Samstag nach Fronleichnam ins Gefängnis nach Frankenburg eingeliefert, woselbst am 21. Juni unter Beisein Hans Gaßners. Müllers unter der Leiten, Wolf Hermann Huetters, und Hans Gellingers. Hofamtmanns, das erste Verhör geführt wird. Hölzl bekannte nun, „es seien ihm die Bauern und Leute ständig nachgelaufen, des Schatzgrabens halber, und hätten bei ihm Rat gesucht. Er habe aber keinen „Geist“ gehabt, auch nicht mit anderer Zauberei umgehen können, sondern bloß ein „geschmelz Glast“ (geschmolzenes Glas) habe ihm der Puxbaum, ein Bauer zu Wolfsegg, der schon gestorben, geschenkt. Dieses Glast habe eine Gestalt gehabt, als wäre ein Geist darin, und die Bauern haben das auch geglaubt. So sei er die letzten fünf Jahre im ganzen Lande umhergereist, habe aber mit Schatzgraben nichts ausrichten können, was er ja auch den Bauern mitgeteilt habe. Die hätten ihm aber Geld und Fuhrwerk zugeschickt, daß er kommen soll, und haben nicht von ihm lassen wollen.

Fürs erste sei er nach Goisern gegangen in Begleitung des Frankenmarkter Bürgers Hans Peuntner. Ein Schöffmann (Schiffer) daselbst habe ihn auf einen Ort geführt, zunächst bei seinem Haus, da soll vor Jahren ein Schloß gestanden sein, und hier müsse ein Schatz liegen. Auf sein, des Hölzls, Beteuern, daß er nicht zaubern könne, habe ihm der Schöffmann ein Bergwerk (Stein) gegeben, daß soll er zu Salzburg probieren lassen. Der Mann habe ihm dann noch zwölf Gulden gegeben, obwohl der Stein nichts nutz gewesen sei.

Auch nach Ostermiething in Bayern bei Purghausen sei er gekommen zu dem Bauern Leonhard Kagerer zu Steinbach, der habe ihm von Schatzgraben gesagt und etliche Orte, wo Schätze liegen sollen, angezeigt; und der Bauer hätte gern von ihm das Glast gehabt und es seien auch viele andere Bauern gekommen. Da habe er Wohl um 400 fl. für seine Bemühung bekommen.

Diese Ostermietinger Bauern sind eines Tages auch zu ihm nach Frankenmarkt gekommen. Um sie zu vertreiben, habe er seine Verwandten auf die Steinleiten hinaufgeschickt, daß sie von oben Steine auf das Hausdach werfen und so die Bauern schrecken und wegtreiben helfen sollen. Die Bauern seien dann in den Asang beim Kritzinger-Holz hinausgelaufen. Um sie sicher zu vertreiben, habe der Frankenmarkter Bürger Sattler so getan, als wenn er auf einem Roß ritte, und habe einen Krug mit einer Glut bei sich gehabt, das habe so ausgesehen, als wenn einer ein feuriges Gesicht hätte; das haben sie Belzebock (Beelzebub) geheißen, und in einem Sack haben sie Häfenscherben getragen, als wenn es ein Schatz wäre.

Auch nach Trabin (Tragwein im Mühlkreise) zu seiner Schwieger sei er gekommen, die auch das Schatzgraben betrieben habe, und die habe ihm 30 fl. gegeben. Der Bauer Hanns aufn Krieghof bei Prägarten (Mühlkreis) habe ihm 3 Gulden zugestellt.

Schließlich hätte ein Schuster zu Schwans (Schwanenstadt) gerne von ihm einen Geist gehabt und ein Weib an der Ager bei Schwanenstadt hätte ihn gefragt, ob der Wolf zu Moos (ein Bauer in der Nähe von Schwanenstadt) mit seiner „Kunst“ (Zauberei) gerecht sei. Beim Aman in Frankenmarkt (heute Kaffee Ritzinger) hätten sie das meiste Geld vertan.

In betreff dieser Aussagen Hölzls wurden nun Erkundigungen eingezogen, und zwar bei jenen, die den Hölzl auf seinen Reisen begleitet hatten. Da war einmal der Bürger Peuntner, der die Angaben bezüglich Goisern bestätigte und noch hinzufügte, daß beim nächtlichen Zug zum Kritzinger-Holz auch Pulver in den durchlöcherten Krug geworfen worden sei, so daß es aussah, als ob der Geist Feuer speie.

Der Bürger Hans Geisenhauser, der auch als Zeuge aus Frankenmarkt beigezogen wurde, bestätigte die obigen Angaben und Zeuge Hans Schwertferber berichtete, daß Hölzl einem Bauern einen Schatz im Werte von 30.000 Gulden versprochen habe! Der Frankenmarkter Stephan Krempler ergänzte diese Aussagen dahin, daß auch von Enns und Mondsee Bauern gekommen seien und dem Hölzl Geld gegeben hätten. Der letzte Zeuge Wolfgang Premb bestätigte, daß er mit Hölzl unter anderem nach Gmunden gegangen sei. Er wußte aber nicht, was dort vorgefallen sei, weil sie am Abend angekommen und bei Nacht wieder fortgegangen seien; als Lohn fürs Mitgehen bekam er täglich 4 Kreuzer.

Nachdem die Zeugen vor Richter und Rat in Frankenburg einvernommen worden waren, schickte der Marktrichter Hans Kritzinger den Bericht nach Frankenburg.

Nun wurde der unglückliche Hölzl wiederum einem peinlichen Verhör unterzogen, am 7. Juli. Als Gerichtsmänner walteten ihres Amtes Anton Multaler von Multal, Anton Gattringer zu Oberpuchelsbach und Toman Holzinger, Gerichtsamtmann, alle aus Frankenburg. Höhl erklärte seine Aussagen vom ersten Verhör für richtig, bestritt aber, daß er in Goisern heimlich davongelaufen sei, um sich der vergeblichen Wirkung seines Zauberns zu entziehen. Vielmehr seien sie von Goisern nach Hallstatt gegangen, von da nach Gosau und Kuchl, woselbst ein Mann, namens Weiß, ihm von einem Quecksilber erzählt habe, das aus einem Berg stieße und das man mittels des geheimnisvollen Glasls gewiß gewinnen könne. Bezüglich des Bauern aus Enns sagte er, daß es sich nur um einen geringen Betrag handle, den er beim Gillig Schneider in Frankenmarkt mit dem Bauern gemeinsam verzehrt habe, wie er überhaupt von seinen Einnahmen den Bauern gerne wieder mitgeteilt hätte.

Hölzl wurde ins Gefängnis nach Vöcklamarkt abgeführt und die ganze Angelegenheit nach Wien berichtet, weil man sich in dieser wichtigen Sache nicht zuständig glaubte. Es ging dem Hölzl natürlich nicht besonders gut und er sehnte sich nach Freiheit. Er schickte nach längerer Haft eine Bitte an das Landgericht, daß, er vor einem gerechten Gericht verhört werden möge, und wies hin, auf die Bitten seiner jungen Frau, die in gesegneten Umständen sei, sowie auf die Vorstellungen seiner eheleiblichen Geschwister und Blutsfreunde.

Daraufhin wurde das ordentliche Verhör auf den 22. September angesetzt. Doch Hölzl war es gelungen, aus dem Kerker zu entkommen. Eines Tages, das war am Egiditag, 1. September, quälte ihn der Hunger, da er in der Bestandherberge des Landrichters von Camer, die zu Vöcklamarkt war, schlecht verpflegt wurde. Am selben Tage kamen auch mehrere Freieigne und machten sich im Gebäude zu schaffen. Hölzl glaubte, das gehe jetzt ihn an und entkam durch das Gewölbe ins Freie, indem er sich seiner Fußfesseln auf geschickte Weise zu entledigen vermochte.

Man schickte sogleich die Boten nach allen Seiten, auch nach Frankenmarkt, aber von dem Flüchtigen war leine Spur mehr zu finden. Erst im Frühjahr wagte sich der Missetäter, der Wohl von seinen Verwandten verborgen gehalten wurde, wieder hervor und wurde dann sogleich gesanglich eingezogen. Unterdessen war auch von Wien die Meldung gekommen, daß der Prozeß zu Ende geführt werden solle, nachdem die Sache eine „Malefizangelegenheit“ sei. (Schwurgericht.) Hölzl wurde nun den peinlichen Fragen unterworfen, wie es bei Hexen- und Zaubererprozessen der damaligen Zeit nur zu oft vorkam, über die Art und Weise der Folter ist nichts bekannt. Aber sie war grausam genug. Wurden ja doch meistens die Daumschrauben angesetzt und solange zugeschraubt, bis das Blut aus den Nägeln rann. Der Prozeß wurde am 17. Juli 1573 zu Ende geführt.

Hölzl wurde verurteilt, aber nicht zum Tode, sondern zu lebenslänglicher Knechtesarbeit im Schlosse Kamer, wo er bis zu seinem Tode Dienste tat. Als Knecht der Herrschaft Kamer wurde er auch zum Grenzdienst verwendet und tat eines Tages mit anderen Knechten Wachdienste am Landgraben, weil dazumal viel fremdes Kriegsvolk und Zigeunergesindel die Gegend unsicher machte. Was mit seinem Weibe und Kindern geschah, berichten die Blätter nicht. Wohl aber mußte er die Gerichtskosten zahlen, und der Landrichter ließ auf einen Befehl von Wien das Gefängnis in Frankenburg besser ausbauen, damit ferner kein Entweichen mehr möglich sei. In der Volksüberlieferung ist diese Geschichte ganz vergessen, wohl aber wissen manche zu berichten, daß die Kapelle neben dem Königswieserhaus, wo der Weg nach Gstocket und zum Kritzingerspitz führt, einst die letzte Rast der Verbrecher war, die dort hinaufgeführt wurden.

Quelle: Kooperator I. Aschauer (Frankenmarkt).
in: Heimatgaue, Zeitschrift für oberösterreichische Geschichte, Landes- und Volkskunde, 7. Jahrgang 1926, 3. u. 4. Heft, S. 225 - 228.