Die Teufelsmühle

Überquert man am rechten Traunufer das Geleise der Salzkammergutbahn, so steht man gleich darauf vor einem großen, langgestreckten Haus, über dessen Eingang "Max-Quell-Gasse Nr. l" zu lesen ist. Dieses Haus hat aber eine nicht alltägliche Geschichte und heißt im Volk nur "Teufelsmühle".
Es war einmal am Weihnachtsabend, daß in dieser ältesten Ischler Bäckerei, von deren Bestand es noch Urkunden aus den 15. Jahrhundert gibt, Meister und Gesellen nach getaner Arbeit mit eifrigem Kartenspiel beschäftigt beisammensaßen. Laut und überlustig ging es dabei zu; die Weinkanne kreiste dauernd um den Tisch, und an das heilige Weihnachtsfest dachte bald keiner mehr. Ja, es waren sogar von denen, die beim Spiel verloren, derbe Schimpfworte und Flüche zu hören, die nur durch das lachende Geschrei der Sieger übertönt wurden.
In diese allgemeine Fröhlichkeit hinein erscholl zu später Nachtstunde ein dreimaliges festes Klopfen; und als der Müllermeister öffnen ging, stand vor ihm ein fremder Jägersmann, der sich mit höflichen Worten - auf das heftige Schneetreiben draußen hinweisend - ein Stündlein Rast im Hause erbat.
Gern wurde der späte Gast von der lustigen Runde aufgenommen, die sich jedoch durch ihn nicht in ihrer Unterhaltung stören ließ. Bald klatschten die Karten wieder auf den Tisch und das Lärmen der Spieler wurde lauter als zuvor. Es durfte auf seine Bitte ja auch der Fremde mittun, der mit Gold und Silber verschwenderisch um sich warf und nahezu dauernd verlor, so daß Meister und Gesellen vor Schadenfreude hellauf schrien und sich halb kranklachten.
Plötzlich fiel dem Müllermeister eine seiner Karten unten den Tisch. Als er sich rasch bückte, um sie aufzuheben, erblickte er zu seinem höchsten Schreck, daß der unheimliche Jäger Bocksfüße hatte. Totenbleich erhob er sich und verließ mit einer Ausrede die Stube, um seine fromme Frau zu wecken und ihr von diesem gräßlichen Spielgesellen zu berichten. Sie ermunterte sich geschwind aus dem Schlaf, hörte ihrem Gatten gespannt zu, warf dann ihr Gewand über und begab sich mit einem Weihbrunnkessel hinunter zu den lärmenden Zechern.
Im Nu hatte sie den Fremden erspäht und besprengte ihn nun reichlich mit Weihwasser. Da stieß der einen höllischen Fluch aus und sprang empor. Zugleich fielen mit Getöse sämtliche Bänke und Sessel und der Tisch um - und in dem allgemeinen Wirrwarr fuhr der teuflische Jägersmann, auf einem Feuerschweif reitend, durch den offenen Kamin ins Freie. Die auf dem Boden herumgestreuten Gold- und Silberstücke aber lagen mit einem Mal da als blanke Kieselsteine.
Beschämt und ernüchtert sahen sich Meister und Müllergesellen gegenseitig an; denn jetzt war es wohl ganz offenkundig, mit wem sie die hochheilige Weihnacht zugebracht hatten!
Die Geschichte von diesem schaurigen Erlebnis machte bald die Runde im gesamten Salzkammergut und weit darüber hinaus. Und seitdem trägt das Gebäude bis in unsere Tage den Namen Teufelsmühle.

Quelle: Sagenschatz aus dem Salzkammergut, Iolanthe Hasslwander, Steyr 1981