Das Blendwerk des Teufels

Seit der Teufel vor vielen Jahren in das Geißberger-Moos geworfen wurde, geht es dort nicht mehr mit rechten Dingen zu. Eines Tages ging der alte Bauer Geißberger - er lebt lange nicht mehr - von dem fünf Stunden entfernten Steyr heimwärts. Schon hatte er den Mitterbergkogel, seinen Heimatberg, vor sich. Nieder stieg er noch vom Sonnberg in den wasserdurchrauschten und ein wenig verrufenen "Wilden Graben" und dann jenseits des Wildgrabenbaches aufwärts durch den Wald zum Rücken des Mitterberges, auf welchem das berüchtigte "Moos" lag, durch das mitten hindurch der Weg führte. Es war ein ruhiger Abend, kein Zweiglein regte sich an Bäumen und Sträuchern.

Als der Geißberger oben angelangt war und nun durch das Moos gehen wollte, erhob sich plötzlich ein so gewaltiger Sturm, daß die Bäume, vom Sturmwind gepeitscht, sich bogen und ihre Wipfel und Äste wild zusammenschlugen.

Der Wind heulte. Gebrochene Äste fielen krachend zur Erde. Mit einem Male war es ganz dunkel geworden, wo gerade vorher noch heller Abendsonnenschein gewesen war. Es blitzte, der Donner krachte und rollte dumpf hin über die Voralpenberge. Es war, als ob der Jüngste Tag angebrochen wäre.

Der Geißberger ging nicht durch das Moos, sondern machte einen Umweg. Als er außerhalb des Bereiches des "Geißberger-Moos" war und niederstieg zu seinem auf dem Hange liegenden Hause, war es ruhig, still und licht, wie wenn gar nichts gewesen wäre. Als er daheim sein Erlebnis erzählt hatte, gingen die Leute hinauf zum Moos, sie konnten aber von dem grausigen "Gehechter" nicht das Mindeste wahrnehmen. Es war ein Blendwerk des Teufels gewesen.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 112
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006