Das Fluchtkreuz am Fluchtweg

An dem Sträßlein, das von Stadelkirchen über eine Anhöhe nach Asang führt und "Fluchtweg" genannt wird, steht auf dem Höhenrücken das aus grobem Konglomeratgestein erbaute "Fluchtkreuz". Die Sage erzählt, daß Josef und Maria einst mit dem Jesukinde auf der Flucht nach Ägypten hier gerastet haben. Ein Bild, das die bekannte biblische Szene darstellt, ist am Bildstocke, der dem Herrn Pfaffenwimmer, insgemein "Mayr zu Stadelkirchen" gehört, angebracht.

Das Wort Rasten ist ein altes in seinem wahren Sinne heute nicht mehr gebrauchtes und verstandenes Wort; es will sagen, daß hier an dem Bildstock ein Bild angebracht ist, das die Szene vom Rasten auf der Flucht nach Ägypten darstellt. Und weil man das Rasten in diesem Sinne nicht mehr verstanden hat, ist die obige Sage entstanden und das Kreuz ist zum "Fluchtkreuz" geworden. Die Sage erzählt auch, daß der Herrgott auf dem Fluchtweg über den Hügel gegangen ist. Diese Sage findet vielleicht ihre Erklärung in dem Umstand, daß auf dem Hügelweg alljährlich zweimal, im Frühling und im Herbst, eine Prozession mit Kreuz und Fahnen von Stadelkirchen nach dem eine Stunde entfernten Wallfahrtskirchlein Maria Winkling an der Enns gegangen ist.
Es wird auch erzählt, daß beim Fluchtkreuz Türken und Franzosen begraben liegen. Vielleicht sind auf dem Wege über den Hügel, der zu jener Zeit bewaldet gewesen sein mochte, flüchtende räuberische Türken, später Franzosen, Nachzügler, von den erbosten Bauern erschlagen und hier begraben worden. Oder es haben sich einheimische Bewohner vor den Türken auf den Hügel, der abseits von der Straße lag, geflüchtet, auf den man zum Gedenken ein Kreuz errichtet hat, das dann "Fluchtkreuz"- und der Weg "Fluchtweg" genannt wurden.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 189
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006