Der fremde Spieler

Das Kartenspielen, übereifrig betrieben, kann zu einer ebenso großen Leidenschaft werden, wie jedes andere Spiel. Eine solche Spielleidenschaft läßt sich nicht leicht abgewöhnen, oder vielleicht erst dann, wenn der Teufel einmal in mitternächtlicher Stunde einen Pferdefuß zeigt, vor dem sich die Spieler am meisten fürchten und vor dem sie sozusagen das Hasenpanier ergreifen.

Zu "Buri" in Kematen im Kremstal kamen Samstag Abend gerne mehrere Männer aus der Nachbarschaft zum Kartenspiel zusammen und spielten fort, bis Sonntags früh die Glocken zum ersten Gottesdienst läuteten. Einst, so erzählt die Sage, wurde wieder einmal mit großer Leidenschaft darauf losgespielt, daß sie sonst nichts sahen als die Spielkarten und nichts hörten als das Klingen des Geldes, das die Verlierer den Gewinnern über den Tisch zuwarfen.

Als sie so im besten Spielen waren, rief es beim Fenster herein: "Grünhüatla, sag's dem Spitzhüatlaten, moring begrabens den Amtmann von Toifenbach!" das deutete hin auf ein altes, längst vergessenes Sprichwort, daß die Amtmänner nicht in den Himmel kommen.

Wer war es, der die Mitteilung vom morgigen Begräbnis des genannten Amtmannes so laut und deutlich beim Fenster hereingerufen hatte? Die Spieler hatten die Worte wohl gehört, kümmerten sich aber weiter nicht darum und spielten mit Eifer fort. Da fielen einem Spieler beim Mischen einige Kartenblätter auf den Boden; einige bückten sich, um sie aufzuheben. Da sahen sie zu ihrem Schrecken, daß einer von denen, die da herumsaßen, einen Pferdefuß hatte. Voll Grauen und Angst warfen sie die Karten auf den Tisch und stürzten zur Tür hinaus.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 170
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006