Das Geschenk der hl. Maria

Es klingt eine Sage aus Urgroßvaters Zeiten herüber und erzählt von einem Brauche, der in Adlwang und auch anderswo geübt wurde und von dem man heute fast nichts mehr weiß.

Einmal, zur Zeit der Grummetmahd waren drei Mäher an einem Samstag damit beschäftigt, eine große Wiese bei Adlwang zu mähen. Einen großen Fleck Wiese hatten sie schon, wie die Bauersleute zu sagen pflegen, "niedergelegt", "das heißt gemäht, aber doch war noch viel zu mähen.

Da ertönte die abendliche Feierglocke. Einer von den dreien hörte zu mähen auf und war nicht mehr zum Weiterarbeiten zu bewegen, weil, wie er sagte, die Feierstunde der Mutter Gottes gehöre. Er wischte die Sense mit einem Grasbüschel ab und sagte:

"Ich höre auf in Gottes Namen." Und ging heim, um bei den abendlichen Gebeten nicht zu fehlen. Die zwei anderen arbeiteten weiter und vollendeten ihr Wiesenstück.

Am Montag kam der Mann mit frisch gedengelter Sense zur Wiese, auf der feiner Tau lag, der, von der Sonne beschienen, in Regenbogenfarben schimmerte. Er freute sich über dieses schöne, reizende Naturspiel. Als er so hinsah über die morgendlich frische Wiese, blinkte ihm etwas entgegen, um das er sich bückte. Im Grase lag ein funkelndes Goldstück. Es war, wie es heißt, ein Geschenk Mariens, das er als Lohn dafür bekommen, weil er der Mutter Gottes die Ehre erwiesen und mit der Arbeit aufhörte, als die abendliche Feierglocke läutete.

Dies wurde der Anlaß, daß nach Abschluß der Feldarbeit an den drei Samstagen nach Micheli die Wallfahrten zur Gnadenmutter in Adlwang üblich wurden und daß diese drei Tage den Namen "die goldenen Samstage" bekamen.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 141
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006