Die "Ketzergruabn"

Am Hange der Polzleite, die sich von Asang bis Unterwinkling hinzieht und von der niederen Ennsterrasse zu der höher gelegenen Terrasse emporsteigt, befindet sich, von Sträuchern umwuchert, ein Felsloch, das allgemein "Ketzergruabn" genannt wird. Dieses Loch ist die Eingangspforte zu einem unterirdischen Gang, der sich unter den Feldern der höheren Terrasse ungefähr achtzig Schritte weit im Konglomeratgestein bis zum Bauernhause "Stöffel zu Edt" hinzieht. Dieses Bauernhaus liegt unweit der von Enns nach Steyr führenden Bundesstraße. Bei der "Ketzergruabn" stoßen die Gründe der zwei großen Bauernhöfe Polz in Asang und Stöffel zu Edt zusammen; der so merkwürdig benannte unterirdische Gang gehört aber zum letztgenannten Bauernhofe. Warum das Felsenloch, das vormaleinst von Wald· umgeben gewesen sein mochte "Ketzergruabn" heißt, weiß niemand .zu sagen; es wird aber angenommen, daß sich einst Ketzer hier aufhielten oder Zuflucht suchten, als sie verfolgt wurden. Dieses Steinloch wird sonderbarerweise auch "Bettler-Grüaßdigottlucka" genannt. Vielleicht ist es in früheren Zeiten von Bettlern aufgesucht worden, denen das Loch als billiges Nachtquartier gedient haben mochte.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 198
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006