Die Pest in Unterwald

Daß die Pest nicht nur in den Städten, sondern auch in den einsamen Gegenden wütete, ist ja bekannt. Fast in jedem Ort erinnern Pestsäulen und Kapellen mit ihren Pestpatronen an die schrecklichste aller Krankheiten, von der die Menscbheit in früheren Zeiten auch in unserem Heimatlande heimgesucht worden ist. Wo aber Erinnerungszeichen fehlen, da spricht die Sage zu uns und vielleicht eindrucksvoller als Gedenksteine und Kapellen dies zu tun vermögen.

Bei einer Dornstaude am "Vogeltenn" in Unterwald, Pfarre Sankt Ulrich, wo die drei Grundgrenzen Vogelschneider, Dippel und Moser spitz zusammenlaufen, liegt, wie die Sage zu erzählen weiß, die Pest begraben. Wahrscheinlich sind dort die an der Pest verstorbenen Leute vom Vogeltenn begraben worden. Eine alte Überlieferung berichtet, daß der letzte Bewohner des Vogeltenn, der an der Pest erkrankt im Bette lag, nicht mehr imstande war aufzustehen und dem Geistlichen, der mit den Sterbesakramenten gekommen war, die von innen versperrte Tür aufzumachen. Der Priester reichte dem Kranken die Hostie, auf ein Stöckerl gelegt, durch das Fenster in den Mund.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 50
Emailzusendung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006