Die Pest im Geißbergerhaus

Vor einigen hundert Jahren war es. Der Geißberger, Bauer in der Laussa, war in einer Angelegenheit nach Sierning gegangen. In diesem großen Markte wütete gerade die Pest. Nichtsdestoweniger erstand der Geißberger einige Renken geselchten Fleisches, das man ihm in einem Hause zu einem recht billigen Preise angeboten hatte. Nach Erledigung seiner Angelegenheit wanderte er mit dem Fleisch in sein weit entferntes Heimathaus auf dem Mitterbergkogel in Laussa.

Seine Angehörigen waren recht froh, ein so schönes und gewiß auch gutes Fleisch zu haben, zumal gerade die Nachbarsleute im Hause waren, die, wie es in den Bergen üblich ist, sich gegenseitig beim Mistführen auf den steilen Feldern helfen. Bald darauf, nachdem die Leute von dem so weither gebrachten Fleisch gegessen hatten, wurden sie von der Pest ergriffen und starben, bis auf einen jungen Burschen, der ein "Lapperl" war.
Dieser nahm, als die Leute tot im Hause herumlagen, eine Mistkrall und schleifte einen nach dem andern auf die Hauswiese, ließ sie in die tiefe Grube fallen, die er vorher gegraben hatte, und füllte diese mit Erde zu. Dann ging er in den Schafstall und legte sich auf den Schafmist, wodurch. er mit dem Leben davonkam.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 113
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006