Die Pest in Weichstetten

Wie die Sage zu berichten weiß, wütete vor vielen hundert Jahren die Pest, diese schrecklichste aller Krankheiten, in Weichstetten so furchtbar, daß alle Bewohner von ihr hinweggerafft wurden. Nur ein einziges Ehepaar blieb am Leben, das zur dankbaren Erinnerung eine Linde gepflanzt haben soll.

Eine zweite Sage meldet - vielleicht aus späterer Zeit, denn diese Gottesgeisel der Menschheit war im Laufe der Zeit öfters zu verspüren gewesen - daß in Weichstetten die Pest so greulich hauste und alle Menschen eines schrecklichen Todes starben bis auf zwei, die am Leben blieben: Der Mesner und der Totengräber. Diese waren, so erzählt der Volksmund, deshalb mit dem Leben davongekommen, weil sich jeder während dieser Zeit zu seiner Geiß gelegt hatte; der scharfe, stechende Geruch dieser nützlichen Tiere ließ, wie die Leute sagen, diese verheerende Krankheit bei den zwei Männern nicht aufkommen.

Eine dritte Sage erzählt: Als einst die Pest im Lande war, kam auf eine uralte, riesige Linde, die neben der auf einem Hügel stehenden Kirche stand, ein Vöglein geflogen und sang:

Iß Bitterklee und Enzian,
dann kimmst davan, dann kimmst davan.

Diese uralte, herrliche Linde, die mit ihrer schönen Krone hoch über die Dächer der Häuser ragte, ist leider im Jahre 1924 gefällt worden, aber nicht wegen Altersschwäche, sondern um des Geldes Willen. Zum Abtransport des mächtigen Stammes waren vier Paar schwere Bauernpferde erforderlich.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 176
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006