Das Sieben Rasten-Kreuz

Ein sagenhaftes Kreuz ist das Siebenrasten-Kreuz bei Kronstorf. Das ungefähr zweieinhalb Meter hohe, aus Mauthausener Granit gearbeitete Kreuz hat die sonst übliche Kreuzesform, wie man es aber in dieser Form, aus Stein gearbeitet in der freien Landschaft selten findet. Das etwas barock anmutende Kreuz steht an der Straße, die durch die Felder von Kronstorf nach Hargelsberg führt.

Das am Kreuz angebrachte Heiligenbild trägt die kurze Inschrift: "An dieser Stelle wurde ein Knecht erschlagen aufgefunden!" Sonst nichts, keinen Tag und kein Jahr. Einem armen erschlagenen Bauernknecht dürfte man dieses aus Granitstein kunstvoll gemeißelte und nicht gerade billige Kreuz zum Gedenken an diese Mordtat kaum errichtet haben. Man hätte ihm höchstens ein Holzkreuz mit einem Bild, auf dem die Mordszene von einem sogenannten Manderlmacher naiv dargestellt ist, zum Gedenken gesetzt. Oder man hat das Heiligenbild mit der Inschrift an dem schon vorhandenen Steinkreuz angebracht.

Das steinerne Kreuz, das dem Bauern Kisser in Kronstorfberg gehört, und um das sich so viele merkwürdige Sagen spinnen, muß gewiß eine andere Bedeutung gehabt haben. Alte Leute wissen von diesem Steinkreuz und was sich um ihn abgespielt hat, gar wunderliche Dinge zu erzählen. Merkwürdig ist, daß bei allen diesen Erzählungen und Sagen die Zahl "Sieben" eine so große Rolle spielt.

So soll es hier einmal sieben kleine Grundstücke gegeben haben, deren jedes nicht größer als sechzig Klafter gewesen ist und sieben Bauern gehört haben soll. In einem kleinen Wald, dem Kronstorfberger Wald, liegt, zum Teil von Sumpfgras überwachsen, eine größere Wasserlache; zur Regenzeit sammelt sich hier immer viel Wasser an. Einst soll der Wald viel größer gewesen sein, in welchem, wie es heiBt, sieben Wasserlachen gewesen sind, in denen sieben Bauern ihren Flachs retzten. In der Nähe ist ein Feld, das bezeichnenderweise "Siebenwasser-Feld" heißt. Die Sage erzählt, daß in einem Wasserloch in der Nähe des "Siebenrasten­Kreuzes" ein Reiter mit seinem Pferd versunken ist.

Hier bei dem Steinkreuz liefen, der Sage nach, einst sieben Grundgrenzen auf einem Markstein zusammen. Einmal, so erzählt eine andere Sage, haben hier sieben Leute gerastet und sind alle vom Blitz eines Gewitters, das schwarz und stürmisch über die Gegend zog, erschlagen worden.

Erzählt wird auch, daß einst zur mitternächtlichen Stunde zwischen Stallbacher und Kronstorfberger Gasselbuben aus Rivalität eine "Schlacht" stattgefunden hat, bei der einer dieser Fensterlgeher halbtot geschlagen wurde; er schleppte sich bis zum Siebenrasten­Kreuz; am Morgen ist er hier tot aufgefunden worden.

Sonderbar klingt eine alte Sage, die erzählt, daß einst sieben Teufel durch das Land gewandert sind und weil sie schon recht müde waren - warum sollen nicht auch die Teufel einmal müde werden - hier gerastet haben. Das Kreuz aus Stein, das man dann an dieser Stelle errichtet hat, wurde 2Siebenrasten-Kreuz" oder das „Kreuz bei den sieben Rasten" genannt.

Niemand weiB genau zu sagen, aus welchem Grunde das Kreuz eigentlich errichtet worden ist; es ist vergessen worden. Die es wüßten, sind schon ein paar hundert Jahre in der Ewigkeit. Übrig geblieben sind nur Sagen und Geschichtlein, die, wie es sich gerade schickt - zur abendlichen Stunde am Bauerntische erzählt werden.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 196
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006