Die Satanstanzstatt

Zwischen den zwei alten Ortschaften Stadelkirchen und Thann liegt ein ziemlich großer Wald, der seit altersher mit dem Namen "Bannholz" bezeichnet wird. Mitten im Bannholz, dort, wo sich die von Stadelkirchen kommende Straße teilt und zwei Straßen bildet, die in verschiedenen Richtungen durch den Wald laufen, befand sich ein freier dreieckiger Platz, den die Leute heute noch, obwohl dort jetzt ein junger Eschenwald steht, die "Satanstanzstatt" nennen.

Auf diesem Platz standen früher nebeneinander drei große, mit Heiligenbildern behangene Holzkreuze; sie waren beschützt von sechs majestätisch aufragenden Fichten. Von diesen drei Kreuzen, die schon sehr alt und morsch waren, brachen im Laufe der Zeit zwei nieder, wurden aber nicht mehr aufgestellt; die Bilder dieser zwei Kreuze nagelte man an das letzte noch stehende Kreuz. Als aber im Jahre 1929 die Holzknechte der Gutsherrschaft Losensteinleiten die großen, stattlichen Fichten fällten und das alte, schwer mit Bildern behangene Holzkreuz nun allein auf dem ziemlich großen, dreieckigen Platze stand und keinen Schutz mehr hatte, wurde auch dieses bald darauf von einem Gewittersturm umgeworfen und auch nicht mehr aufgestellt. Und so verschwanden die Wahrzeichen bedeutender Begebenheiten, die sich in alter Zeit hier zugetragen hatten; denn umsonst hat man nicht gleich drei Kreuze mitten mit Walde aufgestellt.

Die "Satanstanzstatt", die von vielen grausen Sagen umsponnen ist, war früher eine unheimliche, verrufene Örtlichkeit, an der niemand gerne, besonders des Nachts, vorüberging. So wird erzählt, daß der Teufel hier oft die Leute narrte und in die Irre führte. Auch Fuhrleute blieben oft mit ihren Fuhrwerken stecken und konnten lange nicht von der Stelle kommen oder sie merkten plötzlich, daß sie auf einer fremden und ihnen unbekannten Straße fuhren. Eine der Sagen berichtet, daß der Teufel auf der "Satanstanzstatt" Kohlen dörrte; die Schmiedin in Thann nahm ihm diese in Schaffeln weg, daheim waren sie dann immer Zwanziger. Auf dieser unheimlichen Tanzstatt fuhr, wie eine andere Sage berichtet, um Mitternacht der Teufel mit lautem Lärm und Getöse hin und her, worauf er dann durch den Teufelsgraben, der sich in der Nähe befindet, davonjagte. Das deutet, mythologisch betrachtet, auf die "wilde Jagd" hin. In der Heiligen Nacht zog früher hier manch einer mit der geweihten Kreide einen Kreis und übte das Kreisstehen, um Zukünftiges zu erfahren; denn dieser Platz soll zum Kreisstehen besonders geeignet gewesen sein.

Es heißt auch, daß bei der "Satanstanzstatt" Türken und Franzosen begraben liegen. Wahrscheinlich sind hier auch Gehenkte verscharrt worden, denn unweit davon stand einst der Galgen; ein Teil des Bannwaldes trägt heute noch den Flurnamen "Galgenweid" . Heute steht, wie gesagt, auf dem ehemals ziemlich großen dreieckigen Platz, auf dem die drei hohen Holzkreuze standen, ein junger Eschenwald. Jedenfalls ist die von vielen Sagen umwobene "Satanstanzstatt" eine bedeutsame Örtlichkeit.

Es wird erzählt, daß auch bei dem nicht weit entfernten Bauernhause Gallnhub in Thann einst ein Galgen gestanden haben soll, was sehr leicht möglich ist, da der Name des Hauses darauf hindeutet. Verstärkt wird diese Annahme dadurch, daß der Name des Nachbarhauses Rabenbauer die Vorstellung gibt von den Totenvögeln, den Raben, die mit schauerlichen Gekrächze den mit Toten behangenen Galgen umschwärmten.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 190
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006