Der Schmied von Thanstetten

Es ist schon sehr lange her, da lebte und werkte in dem etwa drei Stunden von Steyr entfernten Bauerndorfe Thanstetten ein Schmied. Er setzte den schweren Bauernpferden die in der Esse glühend gemachten Hufeisen regelrecht auf die Hufe, daß der stinkende Rauch emporqualmte und beschlug fachmännisch Wagen, Mostpressen und sonstige Dinge mit Eisen. Den ganzen Tag vernahm man den Klang des Hammers auf dem Amboß. Er hatte so viel Arbeit, daß er sie kaum bewältigen konnte.

Weil er aber ein ganz eigenartiger Kauz war, ließ er sich mit dem Teufel ein und verschrieb ihm seine Seele unter der Bedingung, daß er ihn reichlich mit Geld und Gut versorgen müsse. Der Teufel tat das selbstverständlich mit Freuden, denn die Seele des Schmiedes war ihm das wert. Auch der Schmied freute sich seines Lebens, nahm zwölf Schmiedegesellen auf und lieferte alle Arbeit umsonst.

Eines schönen Tages kamen der Herr Jesus und sein Stellvertreter Petrus auf edlen Pferden durch das Land geritten und ließen ihre Rösser durch den Schmied und seine Gesellen beschlagen. Der Schmied forderte von den beiden keine Bezahlung. Dafür ließ ihm der Herr Jesus drei Wünsche frei. Der Wirt wünschte sich ein Faß, aus dem niemand mehr herausschliefen, eine Bank, von der niemand mehr aufstehen und einen Baum, von dem niemand mehr herabsteigen könne. Der Herr Jesus sah den Schmied an, lächelte und erfüllte ihm alle drei Wünsche.

Kurz vor dem Ende der Zeit, da sich der Teufel die Seele des Schmiedes mit Blut schriftlich ausbedungen hatte, kamen der Herr Jesus und Petrus abermals vor die Schmiede geritten und ließen sich ihre Pferde beschlagen. Wieder forderte der Schmied keine Bezahlung. Nur bat er sich diesmal seine dem Teufel verschriebene Seele aus. Das aber wollte der Herr Jesus doch nicht tun, sondern er gab ihm nur den Rat, er solle das Papier, auf dem er dem Teufel seine Seele verschrieben habe, in seine Gewalt bringen.
So wartete nun der Schmied der Dinge, die da kommen sollten. Bald erschien auch der Teufel und forderte den Schmied auf, ihm in die Hölle zu folgen. "Ja, ja, gleich", sagte der Schmied; "schlief mir aber schnell einen Augenblick in dieses Faß; wenn dich mein Weib sähe, fiele sie vor Schreck um und wäre auf der Stelle tot." Der Teufel tat's und mußte ein volles Jahr in dem Fasse bleiben. Der Schmied ließ es oft so gewaltig von seinen Gesellen beschlagen und behämmern, daß dem Teufel angst und bange wurde und er den Schmied inständig bat, ihn doch wieder aus dem Faß zu lassen; er wolle gern allein in die Hölle zurückkehren. Als er wieder in der Hölle war, erzählte er sein Abenteuer bei dem Schmied. Schrecken war im Teufelsklub.

Und doch war ein zweiter Teufel bereit, den Schmied in die Hölle zu bringen. Als er zu ihm kam, hieß ihn der Schmied auf der Bank Platz nehmen, er müsse schnell seinen Rock anziehen. Auch der mußte die List des Schmiedes büßen und ein volles Jahr auf der Bank kleben bleiben, bis ihn der Schmied auf sein Bitten entließ. Aber nicht gewitzigt, versuchte das Spiel ein dritter Teufel. Weil diesmal der Schmied mit ihm ging, glaubte der Teufel, das Spiel schon gewonnen zu haben. Als sie auf dem Wege zu einem Baum mit köstlichen Birnen kamen, hieß er den Teufel hinaufsteigen und Birnen brocken, damit sie auf dem Weg in die Hölle etwas Gutes zu essen hätten. Der Teufel tats und mußte ein ganzes Jahr oben bleiben und ohne den Schmied in die Hölle zurückkehren. Nun wagte es kein Teufel mehr, den Schmied in die Hölle zu holen.

Dennoch war dem Schmied nicht wohl zu Mute, denn er war schon alt geworden und dachte mit Angst an den Tod, weil er auch das gefährliche Schriftstück noch nicht in seine Hand gebracht hatte. Als der Schmied gestorben war, machte er sich auf den Weg zur Hölle. Beim Höllentor angelangt, sagte er, wer er sei und daß er in die Hölle wolle. Aber um den listigen und gefährlichen Schmied los zu werden, gaben ihm die Teufel die Verschreibung heraus, mit der Aufforderung, daß er sich forttrollen solle.

Nun wanderte der Schmied auf dem schmalen Weg zum Himmelstor. Doch der Pförtner Petrus verweigerte ihm den Eingang. Da warf der Schmied sein Schurzfell in die Lüfte, setzte sich darauf und sprach:

Das wollt' ich sehen, wer es mir wehren tut
Ich sitz jetzt auf meinem eignen Gut!

Und so kam der Schmied, der mit des Herrn Jesus Hilfe die Teufel überlistet hatte, in den Himmel.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 174
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006