Das Totenkreuz

In der Gegend zwischen Weichstetten und St. Marien wurde vor vielen Jahren ein Soldat, der arg widerspenstig war und auf gütliches Zureden nicht parieren wollte, im Zorn von seinem Korporal kurzerhand erschossen. Seitdem war es an dieser Stelle nicht geheuer; der Tote trieb des Nachts sein Unwesen; viele Leute wichen dieser geheimnisvollen Stelle im Bogen aus. Bis man eines Tages für den toten Soldaten ein Sühnekreuz setzte. Einst ging ein Bursche mit seinem Mädel nachts von einer Tanzunterhaltung auf dem Heimweg an dem Kreuze vorüber. Als das Mädel den Burschen fragte, warum er, wie es sich gehöre und Sitte war, das Kreuz nicht mache, erwiderte dieser: „Is ja e nöt brocha!"

Alsogleich hörten beide hinter sich den Hufschlag eines Pferdes und sie liefen vor Furcht und Schrecken davon. Das Mädchen sprang über die Wasserrunse, der Bursche aber fiel hinein und, obwohl er sich nicht im mindesten verletzt hatte, starb er vierzehn Tage hernach.

Wie er selbst erzählte, sah er sich vom toten Soldaten verfolgt und als er von ihm erreicht wurde, fühlte er die ganze Last von Roß und Reiter auf sich.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 177
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006