Ein Weib überlistet den Teufel

Ein Bauer in der Nähe von Eberstallzell war so arg verschuldet, daß er vor lauter Sorgen, wie man bäuerlich zu sagen pflegt, nicht mehr aus noch ein wußte. Als er eines Tages in tiefes Sinnen versunken, auf welche Weise er sich von seinen Schulden befreien könnte, durch einen Wald ging, begegnete er dem Teufel, der ihn fragte, was ihm fehle, daß er so traurig seines Weges dahingehe.

Der Bauer erzählte dem Teufel seine große Not, in der er durch widrige Umstände im Laufe der Zeit geraten sei; er brauche Geld, um seine Schulden bezahlen zu können.

"Na, nu", sagte der Teufel, "dem ist ja leicht abzuhelfen; da brauchst du nichts weiter zu tun, als daß du mir deine Seele verschreibst, dann kannst du von mir so viel Geld bekommen, wie du brauchst" Der Bauer besann sich eine Weile. Weil aber seine Not so übergroß war, gmg er doch auf den Handel mit dem Teufel ein. Schriftlich wurde das abgemacht, denn anders tut es auch der Beelzebub nicht.

Damit der Bauer den gefährlichen Handel leichter verschmerze, fügte der Teufel seinerseits nachträglich das Versprechen hinzu, wenn er ihn holen käme, brauche der Bauer nicht mitkommen, sofern er ihm eine Arbeit schaffe, womit er, der Teufel, nicht fertig werden könne. Damit war der Bauer einverstanden; denn er dachte sich, dem werde ich schon eine Arbeit schaffen, mit der der Teufel lange nicht fertig wird.

Der Bauer bekam Geld genug; denn in dieser Hinsicht läßt sich der Teufel nicht nachsagen, daß er knauserig wäre; eine Menschenseele zu bekommen, ist ihm das Geld wert.

Der Bauer zahlte seine Schulden und hatte überdies noch Geld genug. Nun suchte sich der Bauer ein junges, tüchtiges Mädchen, das er auch bald bekam und heiratete. Auf dieser Hochzeit ging es hoch her; viele Leute waren geladen; geschmaust, gefiedelt und getanzt wurde, bis Mond und Sterne verblaßten. Aber noch ehe die Hochzeit zu Ende ging, erschien der Teufel und sprach: "Lieber Freund, nun bin ich da; nun gib mir eine Arbeit. So lange ich mit diese Arbeit nicht fertig bin, so lange kannst du noch leben."

Da schaffte ihm der Bauer, das Getreide zu ernten und in die Scheune zu bringen. Damit war der Teufel an einem Tag fertig. Nun mußte er das Getreide dreschen, mit der Getreidemühle reinigen, das ganze Stroh mit dem Futterstock schneiden. Doch auch mit dieser Arbeit war er schnell fertig. Nun hieß ihn der Bauer einen Wald schlagen, die Äste von den Bäumen abhacken, die Stämme auf Scheiterlänge schneiden, aufschlichten, das kurzgeschnittene Holz in "Scheiteln" hacken. Auch mit dieser Arbeit war er in ganz kurzer Zeit fertig. Da stiegen dem Bauern die Grausbirnen auf. Denn schaffte er dem Teufel was immer für eine Arbeit, so war er damit in Schnelligkeit fertig, so daß der Bauer die Stunde herankommen sah, wo ihn der Teufel laut Vertrag holen würde.

Da ging der Bauer in seiner großen Not zu seinem Weibe und erzählte ihm von dem Handel, den er mit dem Teufel gemacht und jetzt wisse er nicht, was er tun solle, um den Teufel loszukriegen mit einer Arbeit, zu der er sehr lange Zeit brauchen würde. "Dem ist leicht abzuhelfen", sprach das Weib, ohne sich lange zu besinnen. "Ja, wie denn?" fragte der ganz verzagte Bauer. "Mit der schweren Arbeit wird der Teufel schnell fertig; leichte Arbeit mußt du ihm schaffen, leichte, die für ihn schwer ist und die er nicht so bald fertigbringen kann", meinte das Weib. "Eine solche leichte Arbeit, mit der der Teufel nicht so schnell fertig wird, hab ich aber nicht", sagte der Bauer.

Da fuhr das Weib mit der Hand auf ihren dichtbehaarten Kopf und riß sich ein langes Haar aus, gab es dem Manne und sagte: "Das gibst du ihm, dem Teufel". Fragend schaute der Bauer sein Weib an und sprach: "Was soll er denn mit dem Haar machen?" Das Weib sagte: "Das Haar laßt ihn streichen; bis es so ,grea' (gerade) wird wie eine Stricknadel." Das leuchtete dem Bauern ein; voll Freude, gemischt mit Schadenfreude, ging der Bauer zum Teufel und sprach: "Da hast ein Haar." "Ein Weiberhaar", näselte mißtrauisch der Teufel. "Ja", sagte der Bauer, "da sitz dich her auf den Stein und streich das Haar, bis es grea wird." Vielleicht sitzt der Teufel bis zur Stunde noch auf dem Stein und streicht fluchend und verzweifelt das lange Haar des Weibes "grea", das ihn so teuflisch überlistet hat.

Quelle: Franz Harrer, Sagen und Legenden von Steyr, mit freundlicher Genehmigung vom © Wilhelm Ennsthaler Verlag, Steyr 1980, S. 163
Emailzusedung von Norbert Steinwendner, am 11. April 2006