KAISER KARLS LETZTE SCHLACHT

Wenn über Deutschland die höchste Not hereinbricht, erwacht Kaiser Karl zu neuem Leben, sammelt sein Gefolge und zieht an der Spitze desselben aus dem Untersberge hin zum großen Walserfelde. Dort angekommen, hängt er sein Wappenschild an einen dürren Ast des Birnbaums, der oft verflucht und abgehauen wurde, doch immer wieder nachwuchs. Darauf erschallt sein Heerruf durch Deutschlands weite Gauen, und alle treuen Deutschen eilten, sich unter seinem Schilde zu sammeln. Aber auch alle Feinde Deutschlands und viele seiner eigenen Söhne werden sich zusammenrotten, mit großer Heeresmacht den Kaiser angreifen und ihn und seinen Anhang zu vertilgen suchen. Damit wird eine schreckliche dreitägige Schlacht entbrennen, zu der alle Männer, Weiber und Kinder zulaufen und mitmorden werden. Die Erschlagenen werden Hügel bilden, das Erdreich wird nicht mehr das vergossene Blut einzusaugen vermögen, es wird den Streitern in die Schuhe laufen und des Rasens und Mordens wird kein Ende, bis am Abend des dritten Tages alle fremden und einheimischen Feinde Deutschlands gedemütigt, erschlagen und vernichtet sind. Über das blutige Walserfeld wird vom Hohenstaufen noch die Sonne ihre scheidenden Strahlen entsenden, wenn von dem großen Wahlplatze der Kaiser mit seinem Heere gegen Salzburg zieht, dessen alte Burg einst Zeuge war seiner Verzückung und Zeuge ist seines Sieges und seiner Herrlichkeit. Die Tore der Stadt werden zu enge sein, um die Scharen der Streiter einzulassen, die Räume derselben zu klein, sie zu beherbergen. Am kommenden Morgen aber wird der Kaiser mit allen Bischöfen, Fürsten und Edlen der Wunderhalle und seinen tapferen Heerscharen im hohen Dome zu Salzburg ein feierliches Dank- und Lobamt halten, den ewigen Frieden verkündigen und seinen Nachfolger, als Ersten des neuen Kaisergeschlechts, erwählen.


Quelle: Huber, Nikolaus, Sagen vom Untersberg, Salzburg 1901, Nr. 74