KIRCHFAHRTEN DER UNTERSBERGER

Die Untersbergmännlein besuchen gar häufig des Nachts nahegelegene Kirchen, um daselbst Messe zu halten und zu hören. So erblickte einstens in der Mitternachtsstunde die Schildwache an der Hauptwache in Salzburg einen langen Zug kleiner Männlein paarweise über den Residenzplatz in die Domkirche ziehen, welche hierauf plötzlich hell erleuchtet wurde und woraus Orgelklang, Musik und Chorgesang ertönte. Verwundert und mit Angst erfüllt sieht die Schildwache diese gespenstische Erscheinung und wagt sich vor Entsetzen nicht aus dem Schilderhause, um die Wache zu rufen. Ungefähr eine halbe Stunde dauert der Gottesdienst, nach dessen Beendigung die Männlein wieder paarweise, mit lautlosen Schritten, wie sie gekommen waren, den sich schnell verfinsternden Dom verlassen. Die Wachablösung findet den zum Tod erschrockenen Posten fast leblos und erfährt nur noch von ihm das Gesehene, worauf er gleich tot zu Boden stürzt.


Quelle: Huber, Nikolaus, Sagen vom Untersberg, Salzburg 1901, Nr. 28