Das Flachsbündel

Einst ging ein schönes, aber armes Bauernmädchen aus der Umgebung von Glanegg von Großgmain nach Hause. Als dasselbe auf dem Gangsteige die nasse Wiese unweit des obern Marmorbruches erreichte, sah es eine wunderschöne, weißgekleidete Frau Flachsbündel auf dem frisch gefallenen Schnee ausbreiten. Erstaunt blieb das Mädchen stehen und erschrak nicht wenig, als die geheimnisvolle Frau ihm winkte, sich ihr zu nähern. Als es zögernd näher trat, sprach jene: "Nimm, mein Kind! und löse dir die Bündel hier zu deiner Hochzeitsfeier." Gehorsam tat das Mädchen, wie ihm geheißen, sammelte die Flachsbündel in seine Schürze und eilte, so schnell es konnte, nach Hause. Als es aber in der Mutter Gegenwart die Schürze entleerte, fielen aus derselben statt der Flachsbündel eitel Perlen, Smaragde und Edelsteine heraus. Das war der Lohn für seine Bescheidenheit und Folgsamkeit.

Quelle: Nikolaus Huber, Sagen vom Untersberg, Salzburg 1901, Nr. 11, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993, S. 190.