Der furchtbare Ritter

Ritter Wetzel von Glanegg hatte durch seine Greueltaten den Zorn der ganzen Salzburgischen Ritterschaft auf sich geladen; doch er scherte sich wenig darum und erwartete ruhig das Kommen seiner Feinde; denn Glanegg, mit allem wohl versehen, konnte jedem Angriffe Trotz bieten.

Wirklich war auch die Berennung der Burg von seiten des tapferen Grafen von Plain eine gänzlich erfolglose; es ward Waffenstillstand auf kurze Zeit geschlossen, und Wetzel von Glanegg lud seine Feinde, darunter den Anführer Grafen von Plain, in prahlerischer Weise zum Schmause auf die Burg, damit sie sähen, welch Überfluß auf Glanegg herrsche.

Graf von Plain und seine Hauptleute nahmen die Ladung an und staunten über die Zahl und Güte der Speisen und Getränke; bald herrschte allgemeine Freude, denn über dem feurigen Weine, der in zahlreichen Humpen aufgetragen wurde, vergaß man der herrschenden Feindschaft.

Da brachten auf einen Wink des hämisch lachenden Wetzel von Glanegg die Diener eine verdeckte Schüssel, das Leibgericht für den Grafen von Plain, wie sie sagten.

Der hob den Deckel weg und sah - die Leiche seines eigenen Kindes in der Schüssel liegen. Entsetzen ergriff alle, selbst die Raubgenossen Wetzels erbebten; der Graf von Plain aber sank, seinem Schmerze erliegend, besinnungslos zu Boden.

Hohnlächelnd stand Wetzel von Glanegg inmitten der allgemeinen Verwirrung. Doch plötzlich erschütterte ein furchtbarer Donnerschlag den weiten Saal, Blitze züngelten rings durch die Luft, dazwischen ertönte fürchterliches Geheul, und ehe man sich's versah, war Wetzel von Glanegg verschwunden. Der leibhaftige Satan hatte ihn geholt, und so sehr man auch suchte, man fand keine Spur mehr von ihm; denn wie es später erst laut wurde, ward er zur Strafe für seine Missetat in jene Höhle am Fürstenbrunnen geschleudert; dort muß er für ewige Zeiten büßen und kann nicht Ruhe noch Rast finden. So oft ein Steinchen in die Höhle hinab geworfen wird, hört man ihn heulen und ächzen, weshalb jedermann
gerne diesen Ort meidet.

Quelle: R. von Freisauff, Salzburger Volkssagen, Bd.2, Wien/Pest/Leipzig 1880, S. 474ff, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993, S. 151.