DIE VERWÜNSCHUNG

In der Zeit, als der Bergbau zu Ramingstein noch in Blüte stand, lebte auf der dortigen Burg ein Mann von verschlossenem, hartherzigem Charakter als Bergverweser. Einstmals kam eine Frau, deren Mann ehemals Bergknappe im dortigen Goldbergwerk gewesen, bei einem Grubenunglück aber den Tod gefunden hatte, zu ihm mit der Bitte, er möge ihr eine kleine Unterstützung gewähren, da sie seit dem Tode ihres Mannes mit ihren Kindern große Not leide. Der Bergverwalter aber wies sie barsch ab und jagte das Bettelpack, wie er die Witwe mit ihren Kindern nannte, zur Türe hinaus. An der Tür blieb die Frau jedoch noch einmal stehen, heftete ihre drohenden Blicke auf den Verweser und sprach: „Höre, du harter Mann: Da du eine arme Familie ins Unglück stößt, sollen dir die Goldgruben versiegen und alles Gold zu Stein werden." Die Verwünschung wurde nur allzubald fühlbar; denn bald darauf ließ der Bergsegen nach, der Goldreichtum begann zu erlöschen, und bald mußte der Bergbau endgültig aufgelassen werden.


Quelle: Michael Dengg, Lungauer Volkssagen, neu bearbeitet von Josef Brettenthaler, Salzburg 1957, S. 89