Das wundertätige Kruzifix in der Leprosenhauskirche

Ein abgedankter kais. Offizier, namens Johann Michael Fux, kam mit seiner Gemahlin Maria Barbara nach großen Reisen in Ungarn, Türkei, Italien usw. ganz entkräftet in Salzburg an, suchte und fand später einen Dienst bei der Stadtgarnison; starb aber schon nach einem Jahre. Seine Frau, welche an einem unheilbaren Geschwüre litt und nach dem Tode ihres Gatten in das Leprosenhaus gebracht wurde, folgte ihm noch in demselben Jahre nach. Auf all ihren Reisen hatten sie ein schwarzes Kruzifix als einzigen Trostspender in ihren Leiden mit sich geführt, und dieses verblieb nun nach beider Ableben dem Leprosenhause als Erbteil.

Monstranz mit Kreuzpartikel aus der Leprosenhauskirche Salzburg

Monstranz mit Kreuzpartikel aus der Leprosenhauskirche Salzburg
Abbildung aus Dvorak/Tietze, Österreichische Kunsttopographie, Bd. IX, Wien 1912

Nachdem dasselbe über fünf Jahre in dem oberen Chore des Kirchleins gestanden hatte, fingen auf einmal das Haar und der Bart des Christuskopfes gar wunderbarlich zu wachsen an, wodurch das Bildnis nicht wenig verunstaltet wurde. Zweimal hatte die Leprosin Catharina Leithlin, welche eine absonderliche Liebe und Verehrung zu diesem Kruzifixe hatte, Haar und Bart abgeschnitten; aber jedesmal wuchsen sie von neuem nach. Der Leprosenhaus- Verwalter Michael Wenger zeigte dieses Wunder der geistlichen Obrigkeit an, und diese entsandte eine Kommission zur Prüfung und Untersuchung des Mirakels, welche aber demselben keinen rechten Glauben schenken wollte. Sie ließ daher einen Glaskasten machen und das Kruzifix, nachdem Haar und Bart durch einen Bartscherer der Stadt neuerdings auf eine gewisse Länge waren abgeschnitten worden, hineinstellen, versiegeln und ein ganzes Jahr lang also versiegelt auf dem Chore aufbewahren. Während dieser Zeit wuchsen nicht allein Haar und Bart wieder, sondern es mehrten sich von Tag zu Tag die auffälligsten Gebetserhörungen, welche alle in einem Manuskripte, welches noch heute im Leprosenhaus aufbewahrt wird, namentlich aufgeführt sind. Hiedurch sah sich das Konsistorium veranlaßt, dieses Kruzifix am 13. Oktober 1731 auf dem Hochaltare zur öffentlichen Verehrung auszusetzen, wo es sich noch gegenwärtig befindet.

Quelle: Nikolaus Huber, Fromme Sagen und Legenden, Salzburg 1880, S. 66 f, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993, S. 272.