Die Schatzhöhle

Ein Söldner machte sich einst auf den Weg zum Untersberge, um daselbst Wurzeln zu suchen. Mit dem Ausgraben von solchen beschäftigt, führte er mit seinem Spaten so manchen kräftigen Streich in den steinigen Boden, als plötzlich ein großes Stück sich losmacht und in die Tiefe versinkt. Durch die entstandene Öffnung schauend, sieht er zum größten Erstaunen eine neue Welt, die geheimen Wunder des Berges seinem Auge bloßgelegt. Wie durch eine zweite Sonne war dieser unterirdische Raum glänzend erleuchtet, Quellen rieselten mit Geräusch über Fels und Stein, und die Felswände hingen bis in seiner nächsten Nähe voll von Smaragden, Rubinen und Diamanten. Auch Männlein bemerkte er weiter unten, die Gold und Silber klopften. Als er das Gold so schimmern und sich den reichen Schätzen so nahe sah, da faßte ihn das Verlangen, auch davon zu besitzen. Er streckte seine Hand hinab und griff nach den Edelsteinen; doch plötzlich verschwand das Gesehene, und als er die Hand zurückzog, hielt er statt des gehofften Schatzes nur Wurzeln in derselben.

Quelle: Nikolaus Huber, Sagen vom Untersberg, Salzburg 1901, Nr. 89, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993, S. 221.