DIE SALZBURGER STIERWASCHER

Die Bewohner der schönen Salzachstadt führen seit altersher den Namen "Die Stierwascher", und mit dieser kuriosen Bezeichnung verbindet sich eine gar lustige Sage: In früheren Jahrhunderten wurde einmal die Stadt von einem feindlichen Kriegsheer belagert. Salzburg war damals gut mit Mauern bewehrt, die konnte der Feind so leicht nicht bezwingen. Deshalb suchte er einen Ausweg. Er wollte die Stadt so lange aushungern, bis sie von selber zur Übergabe bereit war! So schlossen die Feinde einen festen Ring um die Stadt, so daß keine Maus mehr aus und ein konnte.

Salzburg, Altstadt und Festung Hohensalzburg, © Wolfgang Morscher

Salzburg
Blick auf die Altstadt und die Festung Hohensalzburg vom Mirabelgarten
© Wolfgang Morscher, 29. Juni 2001

Die Salzburger erkannten bald die Absicht der Feinde. Wenn sie bisher auf ihre starken Mauern vertraut hatten, so gerieten sie nun doch in arge Sorgen. Denn wenn die Belagerung länger dauern sollte, dann würde bald eine große Hungersnot ausbrechen. Deshalb schrieb der Stadtkommandant ein strenges Fasten aus.

Aber es kam doch so, daß eines Tages nur noch ein einziger Stier übrigblieb, der noch nicht geschlachtet war. Er war schön braun gefleckt und gut genährt.

Da verfiel der Stadtkommandant auf eine feine List: Am frühen Morgen des nächsten Tages wurde der Stier auf die breite Stadtmauer getrieben und von dort oben dem Feind gezeigt, damit der nicht etwa meinte, die Salzburger litten schon Hunger! In der kommenden Nacht aber strichen die Salzburger den scheckigen Stier weiß an und zeigten ihn am Morgen darauf wieder den Belagerern. Am dritten Morgen trabte ein pechschwarzer Stier über die Stadtmauer. Die Feinde rissen die Augen auf, weil sie meinten, die Salzburger müßten noch auf lange Zeit mit guter Nahrung versorgt sein, und in einer dunklen Nacht, bei grobem Wind und Wetter, zogen die fremden Kriegsknechte heimlich ab.

In der Stadt aber herrschte über die gelungene List großer Jubel! Die Bürger führten den Stier hinab an die Salzach und wuschen ihn nun so lange, bis er wieder schön braungefleckt war. Der Fluß aber soll bis gegen Oberndorf hin mit Seifenschaum bedeckt gewesen sein. Seit dieser Zeit nennt man die Salzburger "Die Stierwascher". War diese Bezeichnung einst als Spott gemeint, so gilt es heute als Vorzug, aus der schönen Salzachstadt zu stammen.

Vergleiche auch: Der Stier von Salzburg

Quelle: Brettenthaler Josef, Das große Salzburger Sagenbuch, Krispl 1994, S. 19