DER PESTSTEIN AM DUFTHOLZGMÄU

Der „Schwarze Tod" - die Pest - machte vor etlichen hundert Jahren auch vor dem schönen Lammertal nicht halt.

In Radochsberg bei Abtenau hörte man voll Angst und Entsetzen, wie draußen in Golling, aber auch schon in Scheffau und in der Voglau, sich die Höfe leerten und die Leute wie die Fliegen dahinstarben. Immer näher kam der Todesengel, und die Bauern im Duftholz beteten Tag und Nacht, daß Gott das Unheil von ihnen wende.

Weil sie gar so innig flehten, fiel eines Tages ein Stein vom Himmel, auf ihm standen die Worte: „Bis hierher und nicht weiter kommt der Schwarze Tod."- und es war wirklich so: Knapp vor dem Duftholz erlosch die böse Seuche. Aus Dankbarkeit errichteten die Bewohner dieser Gegend dort, wo der Stein niedergefallen war, eine Mauer, deren Reste noch heute zu sehen sind. Man nennt sie das „Duftholzgmäu". –

„Pest-", „Römer-" oder „Teufelsmauern", wie in ganz Österreich immer wieder solche rätselhaften Baureste bezeichnet werden, stellen sich bei näherer Untersuchung meist als mittelalterliche Wegsperren heraus. Sie dienten weniger Verteidigungs- als Überwachungszwecken. Man kontrollierte damit alles „Fahrende Volk" - Bettler, Landstreicher, Zigeuner, vazierende Landsknechte usw. -und in der Zeit der Glaubenskämpfe wohl auch die heimlichen Boten der Protestanten und das „Auslaufen" in andere Gegenden zum Besuch evangelischer Gottesdienste. Vor allem aber hatten diese Stützpunkte, die zumeist mit etlichen alten ausgedienten Soldaten besetzt waren, die Aufgabe, den heimlichen Verkauf von Vieh, Schmalz usw. in andere Gegenden zu unterbinden. Solche Produkte mußten in Notzeiten im eigenen Lande verbleiben.

Solch eine „Klause" (heute aufgelassener Bauernhof Klausegg) existierte z. B. im hintersten Rigaustal, das von der Abtenau zwischen Tabor- und Einberg hinüberleitete ins österreichische „Ausland", ins Salzkammergut.

Quelle: Josef Brettenthaler, Das große Salzburger Sagenbuch, Krispl 1994, S. 124