DER MANN MIT DEM BLUTIGEN BART

Einer alten Aufzeichnung nach begab sich am 2. August 1590 Hans Ziller, ein Bauer von nahezu achtzig Jahren, in die "Waldner Etz" bei Adnet, um daselbst Holz zu schlagen. Da erblickte er in einer unergründlich tiefen Grube einen weißen Mann, der ihn an Größe weit überragte und der einen langen, blutigen Bart trug. Schrecken und Entsetzen erfaßte den Bauern ob dieser Erscheinung, und seine Angst steigerte sich, als der Geist zu sprechen anhub und dreimal mit Donnerstimme fragte: "Wird sich die Welt bekehren?" Dann fuhr er fort: "Wenn sich die Welt nicht bekehrt, dann werden die Friedhöfe der ganzen Christenheit durchwühlt werden wie die Waldner Etz!" Diese war nämlich von unzähligen Maulwurfshügeln übersät.

Hierauf befahl der Mann mit dem blutigen Bart dem Ziller, was er eben vernommen, dem Geistlichen seines Dorfes mitzuteilen, aber ja nicht früher als nach Ablauf von drei Tagen, wenn er nicht wolle, daß ihm Übles widerfahre. Damit verschwand die Erscheinung. Hans Ziller aber tat, wie ihm geheißen. Er meldete nach drei Tagen seinem Pfarrer alles, was er erlebt hatte, und dieser berichtete das seltsame Erlebnis an den Erzbischof Wolf Dietrich weiter.

Quelle: Josef Brettenthaler, Das große Salzburger Sagenbuch, Krispl 1994, S. 110