VON DEN ERSTEN CHRISTEN IM TENNENGAU

Nahe dem Ort Vigaun zeigt man im Felsen das sogenannte Bruderloch. Von dieser Höhle berichtet die Legende folgendes:

Als der heilige Severin in der wilden Zeit der Völkerwanderung um 477 n. Chr. vorübergehend in Kuchl weilte, sandte er zweimal einen Boten zu seinem geistlichen Bruder, dem heiligen Maximus, nach Salzburg, um diesen vor den heranrückenden Herulern zu warnen. Doch St. Maximus blieb in Juvavum und verbarg sich in jenen Höhlen im Mönchsberg, die heute "die Katakomben" genannt werden.

Sein Aufenthaltsort wurde verraten, und er wurde samt seinen Glaubensgefährten zu Tode gemartert.

Die übriggebliebenen Christen aber flüchteten zu ihrem Beschützer Severin. Sie feierten im Bruderloch ihre Gottesdienste. Noch heute ist auf der linken Seite der Höhle ein Steinsitz zu sehen, von dem aus der Priester zu den Gläubigen sprach. Die Höhle wurde später von frommen Einsiedlern, den "Waldbrüdern", als Wohnung benutzt, und daher rührt ihr Name.

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Eine alte Sage berichtet aber auch, daß dort, wo heute nächst Vigaun sich der Faistelauer Wald erstreckt, eine große Heidenstadt gestanden sein soll. Ein Erdbeben habe sie zerstört und völlig von der Erde verschwinden lassen. Deshalb ging lange Zeit in der Gegend von Vigaun der Spruch um: "Die Stadt Vigaun ist von zwei Flüssen benetzt worden, von der Salzach und von der Taugl."

Quelle: Josef Brettenthaler, Das große Salzburger Sagenbuch, Krispl 1994, S. 110