DAS KERZENWUNDER DES HEILIGEN SEVERIN

Diese überragende Persönlichkeit aus der Zeit der Völkerwanderung wird uns durch seinen Schüler Eugippius in der im Jahre 511 verfaßten sogenannten "Vita Sancti Severini" (Das Leben des hl. Severin) genau beschrieben.

Trotzdem ist noch so manches über den "Tröster Norikums", der in dieser wilden gesetzlosen Zeit auch Stammesführern, Feldherren und Königen unerschrocken gegenübergetreten ist, um Arme und Bedrückte zu schützen, nicht bekannt, so vor allem nicht seine Herkunft (Vorderer Orient?).

Zwischen 455 und 460 tauchte jedenfalls Severin als Wandermönch in der von Untergangsstimmung erfaßten römischen Provinz Norikum auf und erwählte Favianis (Mautern a. D.) zu seinem Stützpunkt.

Von dort aus zog er lehrend und helfend durch weite Teile des heutigen Österreich. Er wirkte dabei nicht nur karitativ, sondern durch seine Verhandlungen gegenüber den verschiedenen Herrschaftsansprüchen auch stark politisch. -

Zu seinen Lebzeiten soll der Heilige auch einmal bis Cucullae (Kuchl) im Salzburgischen gekommen sein. Als er erfuhr, daß dort ein Großteil der Bewohner noch den heidnischen Gottheiten zugetan sei, befahl er, daß aus allen Häusern Kerzen gebracht und in der Kirche entzündet würden. Und siehe da: Während die Kerzen der Christen in hellem Glänze erstrahlten, erloschen alsbald die der Götzendiener auf wundersame Weise.

Dies nahmen sich viele so zu Herzen, daß sie dem alten Glauben abschworen und sich taufen ließen. -

Auch von einem "Heuschreckenwunder" des Heiligen wird berichtet - es war ja dies in einer Zeit, da noch gelegentlich Schwärme der Wanderheuschrecken bis in unsere Gegenden vordrangen. Severin vermochte die Felder all derer vor den gefräßigen Insekten zu schützen, die sich auf sein Geheiß in der Kirche zum Gebet versammelt hatten! - Einem einzigen Ungehorsamen jedoch, der die über seinem Besitz schwebende Heuschreckenwolke allein verscheuchen wollte, wurde alles vernichtet, was auf seinen Feldern stand. -

Zur Erinnerung an das mit ziemlicher Sicherheit anzunehmende vorübergehende Wirken des Heiligen in Kuchl steht heute sein steinernes Standbild an der Tauglbrücke nächst dem Vigauner Wald.

Quelle: Josef Brettenthaler, Das große Salzburger Sagenbuch, Krispl 1994, S. 111