8. Aus Alt- und Neu-Leonrod.
Schatzgräber auf Leonrod.

Einst ging ein Bauer — mit Hacke, Schaufel und Laterne ausgerüstet — nachts in die Ruine Leonrod, um nach dem Schatz zu graben. Zufällig kam ein Rauchfangkehrer an der Ruine vorbei, und als er das Licht sah, wollte er selbstverständlich nachschauen, wer noch zu so später Stunde im alten Gemäuer arbeitete. Er nahm seine Leiter, lehnte sie an die Malier und stieg hinauf. Da lösten sich etliche Steinchen vom Mauerrand und fielen in den Burghof hinab. Der Schatzgräber sah sich sogleich um und erblickte mit Schrecken die schwarze Gestalt auf der Mauer. Er glaubte, es sei dies der Teufel, tat einen furchtbaren Angstschrei und rannte fort. — Andere sagen gar, das er tot umgefallen sei.

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Ein andermal gingen Burschen abends an der Ruine Leonrod vorbei und sahen auf der Mauer ein Männlein sitzen, das ihnen laut zurief: ,,Helfts mir graben, helfts mir graben!'' — Die Burschen liefen davon, erzählten jedoch daheim ihr Erlebnis. Daraufhin zog eine ganze Schar junger Leute zur Ruine, wo das Männlein noch immer auf der Mauer saß und ihnen zurief: ,,Grabts dort, grabts dort!" Dabei zeigte es auf eine Stelle im Winkel des Burghofs. Die Burschen machten sich an die Arbeit, und nach einer Weile kam es ihnen vor, als ob sie auf Eisen stießen. Auf einmal hörten sie hinter ihrem Rücken ein Geräusch und schauten um. Da sahen sie viele Katzen rundherum sitzen, die sogleich jämmerlich zu schreien begannen. Das Geschrei war so fürchterlich, daß alle Burschen die Werkzeuge wegwarfen und entsetzt nach Hause liefen. — Hätten sie nicht umgeschaut, so wäre es ihnen gelungen, die Schatzkiste zu heben.

Quelle: Was die Heimat erzählt, Die Weststeiermark, Das Kainach-, Sulm- und Laßnitztal. Herausgegeben von Franz Brauner. Steirische Heimathefte. Graz 1953.
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