9.5 Das Grimmingmandl beim Bahnbau

Als 1877 zwischen Stainach und Mitterndorf die Eisenbahn gebaut wurde, und sich die Bauarbeiter im Schweiße ihres Angesichtes abmühten, die kühnen Gleisbauwerke durch die damals noch wilde und ungestüme Schlucht des Grimmingbaches, die Klachau, zu errichten, saß auf einem unzugänglichen Felsvorsprung in den ungeheuren Steilwänden des Grimming ein kleines weißbärtiges Bergmandl, das an einem Röcklein nähte und dazu sang:

„All‘ Tag ein‘ Stich,
Mehr aber nit;
Mein Röckerl wird fertig,
D’Eisenbahn nit.“

Nun, die Eisenbahn ist trotz aller großen Schwierigkeiten und trotz dem Spottlied des Bergmandls fertig geworden, ob aber das Mandl sein Röcklein fertig nähen konnte, wissen wir nicht, denn seit die Bahnlinie in Betrieb ist, hat es niemand mehr gesehen.

Quelle: Sagenhaftes Hinterbergertal, Sagen und Legenden aus Bad Mitterndorf, Pichl-Kainisch und Tauplitz vom Ende der Eiszeit bis zum Eisenbahnbau, Matthias Neitsch. Erarbeitet im Rahmen des Leader+ Projektes „KultiNat“ 2005 – 2007.
© Matthias Neitsch