6.16 Hasenjagd in der Christnacht

Auf Unterhaltung ausgehen ist in der Heiligen Nacht (Christnacht – eine der Rauhnächte) ein Frevel. Dem alten Schacherbauern ist etwas Sonderbares passiert. Dieser ist ging mit einem weiteren Mann in der heiligen Christnacht auf die Jagd, um sich für die Feiertage einen Hasenbraten zu schießen. Schon bald stand ein Hase vor ihnen, den schossen sie gleich nieder. Noch bevor sie die Flinte wieder geladen hatten, kam schon ein zweiter Hase daher. Kaum hatte dieser einige Schrotkörner im Leib, kamen schon wieder einige Hasen aus dem Wald, schauten einen Augenblick hin und her und wackelten dazu frech mit den Ohren. Langsam sind gingen die Tiere auf die Schützen zu, setzten sich dann auf die Hinterfüße und machten Männchen. Natürlich wurden auch diese niedergeschossen. Und so ging es immer weiter. Immer mehr Hasen kamen, und die zwei Schützen hatten kaum noch Zeit zum Nachladen. Schließlich ging ihnen das Pulver aus. Mehr als dreissig Hasen hatten sie unterdessen erlegt, aber als sie diese zusammensuchen wollten, fanden sie keinen einzigen mehr. Jetzt packte sie plötzlich heftige Angst und sie machten sich schleunigst auf den Heimweg. Gerade als sie beim Schacherbauern durch die Tür ins Haus kamen, läutete es in Mitterndorf zur Wandlung. Da haben sie freilich große Augen gemacht, weil sie mit ihrer Schießerei sogar den mitternächtlichen Gottesdienst versäumt hatten. Jetzt wussten sie, wer die Hasen gewesen waren und warum ihnen der Teufel in Gestalt dieser Tiere erschienen war.

Quelle: Sagenhaftes Hinterbergertal, Sagen und Legenden aus Bad Mitterndorf, Pichl-Kainisch und Tauplitz vom Ende der Eiszeit bis zum Eisenbahnbau, Matthias Neitsch. Erarbeitet im Rahmen des Leader+ Projektes „KultiNat“ 2005 – 2007.
© Matthias Neitsch