10.7 Die Hexenbuche von Tauplitz

Nahe beim Dorfplatz in Tauplitz stand einst eine große Buche. Schon lange wusste man, dass mit diesem Baum etwas nicht stimmte. Wenn man tagsüber gegen den Stamm klopfte, hörte sich dieser ganz voll an, wenn man aber nach Einbruch der Dunkelheit dagegen klopfte, klang es ganz hohl. Man munkelte schon längere Zeit, dass in dieser Buche eine Hexe wohnte, die jedesmal bei Einbruch der Dunkelheit den Baumstamm verließ.

Jahrelang jammerten die Tauplitzer darüber, daß die Erdäpfel- und Krauternten mehr als gering waren und die Kühe nur spärlich Milch gaben. Man war sich eines Tages darüber im Klaren, dass nur die Hexe daran Schuld sein konnte. So beschloss man, die Hexenbuche zu verbrennen, um dadurch die Hexe zu vernichten oder sie wenigstens aus dem Dorf zu vertreiben.

Als es einmal längere Zeit keinen Regen gegeben hatte und die Buche ziemlich trocken war, zündete man eines Nachmittags den Baum an. Als sich das Feuer über die ganze Buche hinaufgezüngelt hatte und die Flammen den ganzen Baum eingehüllt hatten, gab es einen fürchterlichen Knall. Die Buche wurde in der Mitte des Stammes auseinandergerissen und aus dem darin befindlichen Hohlraum entwich mit grauenhaftem Geschrei eine Hexe in die Lüfte.

Noch lange danach hörte man in den dunklen Nächten die Hexe in der Luft herumschwirren und schreien, doch seit der Verbrennung der Hexenbuche konnte sie den Tauplitzern nichts mehr anhaben. Die Bauern hatten wieder gute Ernten und die Kühe wurden wieder runder und gaben mehr Milch. Es gab zu dieser Zeit viele Hexen im ganzen Land, doch in Tauplitz hat sich nach dem furchtlosen Einschreiten der Tauplitzer Bevölkerung keine mehr blicken lassen.

Quelle: Sagenhaftes Hinterbergertal, Sagen und Legenden aus Bad Mitterndorf, Pichl-Kainisch und Tauplitz vom Ende der Eiszeit bis zum Eisenbahnbau, Matthias Neitsch. Erarbeitet im Rahmen des Leader+ Projektes „KultiNat“ 2005 – 2007.
© Matthias Neitsch